CDU bei Wahl von Bodo Ramelow: Verdacht auf Bestechungsversuch
In Thüringen erhebt ein SPD-Abgeordneter Vorwürfe gegen die CDU. Bei Nichtwahl des linken Ministerpräsidenten soll ein Ministeramt in Aussicht gestellt worden sein.
JENA/ERFURT dpa | Thüringens Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen eines möglichen Bestechungsversuchs vor der Wahl von Bodo Ramelow (Linke) zum Ministerpräsidenten. Die Behörde gehe seit Anfang des Jahres der Anzeige eines Privatmannes nach, sagte Pressesprecher Hans-Otto Niedhammer am Donnerstag.
In der Südthüringischen Zeitung und dem Freien Wort erhebt ein anonymer SPD-Abgeordneter entsprechende Vorwürfe gegen einen ebenfalls nicht genannten CDU-Politiker: Dieser soll dem Sozialdemokraten indirekt ein Ministeramt in einer CDU-geführten Regierung angeboten haben – offenbar als Gegenleistung dafür, wenn er Rot-Rot-Grün verhindere.
Die bundesweit erste Koalition aus Linken, SPD und Grünen hat nur eine Stimme Mehrheit im Landtag, schon ein Abweichler hätte Ramelow scheitern lassen können. Der Linke-Politiker wurde vor gut einem Monat im zweiten Wahlgang zum Regierungschef gewählt.
Der Anzeigensteller – ein Privatmann aus Rheinland-Pfalz – entschloss sich zu diesem Schritt laut Staatsanwaltschaft wohl nach Lektüre eines Ramelow-Interviews in der Bild am Sonntag. Der Regierungschef hatte dort erwähnt, dass einem Abgeordneten „ein Posten angeboten“ worden sei, falls dieser nicht für ihn stimme und die Wahl damit platzen lasse.
„Kein politisches Mittel der CDU“
Nach der von Medien zitierten Aussage des ungenannten SPD-Politikers soll der fragliche Christdemokrat in der Landespolitik bekannt und ein Politiker sein, „dem man einen gewissen Einfluss innerhalb der CDU zutrauen kann“.
Die CDU wollte zu den Anschuldigungen nicht Stellung beziehen. Diese lägen unter der Schwelle des Kommentierbaren. Bestechung sei „kein politisches Mittel der CDU-Fraktion“. Die SPD teilte mit, es habe zwar entsprechende Gerüchte in der Fraktion gegeben, diese seien aber nie in großer Runde erörtert worden.
Die Linke vermutet ein gezieltes Störmanöver der Christdemokraten: „Offenkundig machte die CDU im Vorfeld der Ministerpräsidentenwahl auch vor unlauteren Methoden keinen Halt, um an der Macht zu bleiben“, kommentierte Landesparteichefin Susanne Hennig-Wellsow. Sie forderte eine schnellstmögliche Aufklärung der Vorwürfe. Die Staatskanzlei teilte mit, man habe keine Erkenntnisse zu dem Fall und wolle diesen nicht kommentieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül