CDU-Europaspitzenkandidat McAllister: Das Ende der Bescheidenheit

Er war eine Nachwuchshoffnung der Union, schon mit 36 Ministerpräsident. Dann folgte David McAllisters Abstieg. Nun wagt er einen Neubeginn.

Größer als alle CDU-Größen: David McAllister steht wieder im Mittelpunkt.

ERFURT taz | David McAllister ist ein Europäer von Geburt. Mit ihm wird ein Doppelpass-Deutscher ins Europäische Parlament einziehen. Der Mann, den die CDU-Führung am Freitagabend als ihren Spitzenkandidaten zur Europawahl gekürt hat, hat einen britischen Soldaten als Vater, eine deutsche Lehrerin als Mutter und beide Pässe.

McAllister wurde 1971 in Berlin geboren und ist zweisprachig aufgewachsen. Als seine Heimat aber gilt ihm Niedersachsen. Dort ist er ab 1982 aufgewachsen. Dort hat er Jura studiert. Dort trat er mit 16 Jahren in die CDU ein und führte mit zwanzig Jahren die Junge Union. Dort wurde 1998 Landtagsabgeordneter, 2002 Generalsekretär der Landes-CDU, dann Fraktionschef und schließlich Landesvorsitzender.

Im politischen Berlin war man da schon lange aufmerksam geworden auf den Mann mit dem markanten Leberfleck. Er wurde Mitglied der Fraktionsvorsitzendenkonferenz und arbeitete am CDU-Grundsatzprogramm mit, wo er durch neue Positionen zum Umweltschutz, zu Migrations- und Familienpolitik von sich reden machte.

Neben McAllisters Nominierung beschloss die CDU-Spitze bei ihrer Klausurtagung in Erfurt am Freitagabend, ebenfalls einstimmig, den Entwurf für das Europa-Wahlprogramm, das auf einem Parteitag Anfang April verabschiedet werden soll. Die CDU bekennt sich darin zur Europäischen Union, betont aber auch, die häufig kritisierte Überregulierung abbauen zu wollen: Die EU müsse sich auf die Aufgaben konzentrieren, die nur gesamteuropäisch bewältigt werden können, heißt es in dem Papier. Um Bürgernähe und Demokratie in der EU zu stärken, sollten Zuständigkeiten auch auf nationale Ebene zurückgeführt werden können. (afp)

Als Angela Merkel 2005 zum ersten Mal Bundeskanzlerin wurde, bot sie ihm den Generalsekretärsposten an. McAllister war bekannt dafür, nach innen gut zu kommunizieren und nach außen rauflustig zu sein. Aber er lehnte Merkels Angebot ab – er wolle nicht zu schnell zu steil aufsteigen, lautete seine Erklärung. Drei Jahre darauf übernahm er von Christian Wulff das Amt des Ministerpräsidenten. Da war er 36 Jahre alt.

2013 kam der Absturz. Bei der Landtagswahl im Januar wurde David McAllister, der bis dahin mit der FDP koaliert hatte, in der Staatskanzlei von dem SPD-Mann Stephan Weil abgelöst. So sehr hatte er auch für die schwer schlingernden Liberalen geworben, dass seiner CDU letztlich der Sieg verloren ging. Seither wird Niedersachsen von Rot-Grün regiert.

Tränen hinter verschlossenen Türen

Am Tag nach seiner Wahlniederlage reiste David McAllister nach Berlin zur Parteiführung. Im Konrad-Adenauer-Haus flossen hinter verschlossenen Türen Tränen, die Kanzlerin versuchte ihren Hoffnungsträger wieder aufzurichten. Ihm stünden, sagte sie auf der Pressekonferenz, noch viele Wege offen. Der so Gelobte aber zog sich fürs erste zurück. Obwohl er als CDU-Landesvorsitzender gesetzt war, überließ er den Posten einem anderen. Seit einem Jahr sitzt er als einfacher Abgeordneter im niedersächsischen Landtag.

Dass er nun am 24. Mai als CDU-Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei antritt, markiert das Ende der selbst verordneten Bescheidenheit. David McAllister, der gescheiterte Landespolitiker, soll nicht nur Merkels Mann in Brüssel werden, er soll auch im anstehenden Europa-Wahlkampf die personifizierte Differenz zum SPD-Mann Martin Schulz markieren.

Ob ihm das gelingt, ist bei dem Neuling auf dem EU-Parkett fraglich. Die SPD macht in der großen Koalition gerade eindrucksvoll klar, dass sie sich keineswegs als Juniorpartner der Union versteht. Dennoch, gleich zu Beginn der Klausurtagung des Bundesvorstandes am Wochenende betonte David McAllister den Führungsanspruch der Union in der großen Koalition. „Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung den Kurs vorgegeben“, sagte er.

Kein Zweifel, nach einer kurzen Phase der Harmonie will sich die CDU endlich wieder deutlich von den Sozialdemokraten absetzen. Mit McAllisters Nominierung hat der Wahlkampf begonnen.

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