CDU-Debatte zum Konjunkturpaket: Schuldenbremse rettet Unionsfrieden
Die Querelen um Verstaatlichung lassen die CDU in Umfragen abstürzen. Mit dem Versprechen, die Neuverschuldung zu begrenzen, will die Parteiführung Frieden schaffen.
Der wichtigste Redner tritt an diesem Freitag erst nach neunzig Minuten auf. Die Kanzlerin eilt zu ihrem Platz auf der Regierungsbank, der Finanzminister, schon im Hinausgehen begriffen, dreht sich wieder um. Es ist der Abgeordnete Steffen Kampeter, der alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ausgerechnet den 45-jährigen Haushalter aus dem nordrhein-westfälischen Minden schickt die Unionsfraktion als Redner in die Debatte ums Konjunkturpaket. Den Mann, der ebendieses Konjunkturpaket lauter als jeder andere Koalitionspolitiker kritisiert hatte. Der gleich nach Merkels Einknicken im Steuerstreit mit der CSU lauthals erklärt hatte, Konjunkturprogramme seien ohnehin nur Symbolpolitik auf Kosten künftiger Generationen.
Kampeter sprach damit aus, was in der CDU viele dachten. Als sich wenig später auch noch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit seinen Vorschlägen zur Verstaatlichung von Unternehmen durchsetzte, da waren auch viele Merkel-Getreue frustriert von einer Chefin, die inhaltlich offenbar keinen Kompass hat und alle Fragen nur machtpolitisch entscheidet. Für zusätzliche Unruhe sorgt, dass sich der Schlingerkurs mittlerweile auch in Umfragen niederschlägt. Während Kampeter im Bundestag redete, veröffentlichte das ZDF die neuesten Zahlen seines "Politbarometers". Demnach hat die Union bei der Sonntagsfrage 3 Prozentpunkte verloren, bei der kurzfristigen politischen Stimmung sogar 5. Das sind Werte, wie sie selbst die SPD in den Wirren des vorigen Jahres kaum erreichte.
Deshalb ist jetzt Einbinden angesagt. Deshalb darf Kampeter reden, deshalb verteidigt er jetzt das Konjunkturpaket - und verpackt seine Kritik in fein dosierte Spitzen. Dass es jetzt zu einer Steuer- und Abgabensenkung komme, sei ein "Verdienst der CSU", sagt er doppeldeutig. "Maß und Mitte" seien der Maßstab für neues Vertrauen, zitiert er ausgerechnet die Parole, mit der die Kanzlerin im alten Jahr ihr Nein zu einem neuen Konjunkturpaket begründete. "Ich gehöre zu denjenigen, die sich mit dem Konjunkturprogramm angefreundet haben", erklärt er am Schluss sogar - "wenn wir das mit einer Schuldenbremse verknüpfen."
Ist damit der Aufstand schon wieder abgeblasen, den fünfzehn Abgeordnete in der vorausgegangenen Fraktionssitzung probten, als sie dem Konjunkturpaket nicht zustimmten? So will es Ole Schröder nicht verstanden wissen, der Haushaltspolitiker aus Schleswig-Holstein, der zu dieser Gruppe der fünfzehn gehörte. Wichtig sei, dass es zu dieser gesamtstaatlichen Schuldenbremse wirklich komme, erklärt er nach der Bundestagsdebatte - und dass es vor der Schlussabstimmung im Bundestag eine politische Einigung darüber geben werde. Fraktionschef Volker Kauder hatte nach dem Aufstand seiner Abgeordneten öffentlich erklärt, ohne eine solche Schuldenbremse im Grundgesetz werde die Union dem Konjunkturpaket nicht zustimmen.
Kommenden Donnerstag tagt die Föderalismuskommission zu der Frage. Die klammen Kleinstaaten Saarland, Schleswig-Holstein und Bremen wollen einer Begrenzung ihrer künftigen Neuverschuldung bislang nicht zustimmen - zumindest nicht ohne zusätzliche Bundeshilfen. Das aber lehnt der Haushälter Schröder ab. "Mit den 10 Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket ist der Bund den Ländern schon massiv entgegengekommen", sagt er. Was aber, wenn es zu einer Einigung nicht kommt? "Dann ist eine Schuldenbremse des Bundes das Mindeste, was erreicht werden muss." Mit einem Nein in der Schlussabstimmung allerdings wollen die fünfzehn Dissidenten dann doch nicht drohen.
Angela Merkel jedenfalls sieht recht zufrieden aus, nachdem sie der braven Rede Kampeters gelauscht hat. Die Operation Einbindung scheint fürs Erste geglückt.
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