: Bye bye, Billy, bye bye!
■ American-Football: Nach dem Rausschmiß von Brooks sind die Berliner Adler zwei Wochen vor dem Viertelfinale zur Deutschen Meisterschaft noch immer ohne Trainer
Erfolg ist eine feine Sache, und so lange man sich in seinem Glanz sonnen kann, ist die Bereitschaft, Unstimmiges unter den Teppich zu kehren, groß. Das gilt für die Operndiva, die, solange sie bei Stimme ist, für ihre 17 Pudel eine Hotelsuite vertraglich zugesichert bekommt, genauso wie für Trainer von Football-Mannschaften. Nicht, daß Billy Brooks, der die Berliner Adler zu einem bis zur Eurobowl Anfang August überschatteten Höhenflug führte, ein Hundenarr ist frei von starker Persönlichkeit ist er andererseits auch nicht.
Schon vor Beginn der laufenden Saison hatte der damalige Vorstand an seinem Stuhl (viele sagten hier und da schon mal heimlich: Thron) gesägt. Sein starkes Engagement in der Populärmusik und der damit verbundene Mangel an Präsenz auf dem Trainingsplatz war unangenehm aufgefallen. Auch die Mannschaft war angesichts der Tatsache, daß Spieler öfter in die Schlacht geschickt wurden, wenn sie im Besitz eines amerikanischen Passes waren, geteilter Meinung. Andererseits wollten sie auch wieder deutscher Meister werden und bei der ersten Eurobowl-Teilnahme ganz weit oben auf dem Treppchen landen. Und so kam es, daß nach einigem Hin und Her vom Team ein lautstarkes: „We want Billy!“ zu hören war.
Ein neuer Vorstand wurde gewählt, der bereits eingeflogene Nachfolger in Freundschaft wieder ins Flugzeug gesetzt, und Billy Brooks coachte das Geflügel durch eine alle Rekorde brechende Saison. Durch die Ausnahmestellung seines Teams in der Bundesliga - ein Sieg in astronomischer Höhe reihte sich an den anderen - muß in Brooks irgendwie das Gefühl entstanden sein, überhaupt nicht mehr verlieren zu können. Wie sonst ließe sich erklären, daß ein Mann, der jahrelang in der US-Profiliga als Spieler sein Geld verdient hat, taktische Entscheidungen fällt, wie er es im Halbfinale der Eurobowl gegen die Amsterdamer Crusaders getan hat. In den europäischen Fußball übersetzt, hat er in der 75. Minute, 5:2 in Führung, den Torwart und den Libero rausgenommen und dafür zwei frische Stürmer gebracht.
Das Spiel ging natürlich verloren, die Aura des Erfolges war in Sekunden verdampft, und die Adler suchen zwei Wochen vor den Play-Offs zur deutschen Meisterschaft einen Trainer. Was sich als nicht ganz unproblematisch herausstellt: Die Lösung, die eigentlich schon gefunden schien, daß nämlich das Trainergespann der besagten Crusaders für die maximal drei Spiele an die Spree kommt, ist in weite Ferne gerückt. Einer der Sponsoren möchte zu diesem Zweck nur das Portemonnaie aufmachen, wenn ihm der Titel garantiert wird (nicht schlecht, das Ding!), und die Spieler möchten doch lieber per sofort eine langfristige Lösung.
Wenn man bedenkt, daß an einem erneuten Titelgewinn ein Großteil der Förderung durch den Landessportbund hängt und in Berlin mit den Rebels ein Konkurrent heranwächst, der für viele Spieler eine Alternative darstellen könnte - ein hartes Stück Arbeit!
Theo Breiding
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen