Buskampagne gegen Gott: Atheisten starten Roadtrip
Mit ihrem Wunsch, atheistische Werbeslogans auf Nahverkehrsbusse zu kleben, scheiterte eine Initiative in 17 deutschen Städten. Darum fahren sie nun mit einem gemieteten Bus durch ganz Deutschland.
Sie durften nicht nach Berlin. Nach Leipzig, Hamburg, Regensburg, Dresden, Hannover, München und Stuttgart auch nicht. Die religionskritische Initiative „Buskampagne“ wollte auf Bussen in ganz Deutschland atheistische Slogans anbringen. Bezahlte Werbung für einen lebensbejahenden Atheismus und Werte ohne Religion.
Doch Sprüche wie „Gottlos glücklich“ oder „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“ waren den städtischen Verkehrsbetrieben zu heikel. Bremen lehnte die Kampagne mit Verweis auf den bevorstehenden Kirchentag ab, in Dortmund fand man sie „gottesverachtend“. Und selbst säkular geprägte Städte wie Berlin kündigten plötzlich an, grundsätzlich keine Werbung mit weltanschaulichem oder religiösem Inhalt mehr zulassen zu wollen.
Einzige Ausnahme schien Essen zu sein: Hier wollten die Essener Verkehrsbetriebe das Risiko eingehen, ihre Busse mit der gottlosen Botschaft auf die Straße zu schicken – und machte dann aber doch einen Rückzieher. Grund laut Pressesprecher: „massive Beschwerden einzelner Kunden“ und befürchtete Umsatzeinbußen.
Das alles werfe alles in allem ein „bedenkliches Licht auf die weltanschauliche Toleranz und Meinungsfreiheit in Deutschland“, finden die Organisatoren der Initiative buskampagne.org – eine lose organisierte Gruppe bekennender Atheisten, die ihrem Nichtglauben Ausdruck verleihen wollten. In 17 Städten haben sie angefragt und 17 Absagen kassiert. Und wollen dennoch keine Ruhe geben, irgendetwas anfangen mit den 34.515 Euro Spendengeldern, die sie gesammelt haben. Darum kündigen sie nun auf ihrer Homepage an, einen großen Doppeldeckerbus zu mieten, ihn mit ihren Werbesprüchen zu bekleben und damit auf Deutschlandtour zu gehen. Am 30. Mai soll der in Berlin starten und innerhalb von 6 Wochen 24 Städte besuchen.
„Provozieren wollen wir eigentlich nicht. Wenn sich allerdings jemand provoziert fühlt und daraus eine fruchtbare Diskussion entsteht, habe ich nichts dagegen“, sagte Philipp Möller, Sprecher der Buskampagne der Zeitung Der Westen. Seine Initiative will einfach einmal darauf aufmerksam machen, dass in Deutschland über 30 Prozent der Menschen konfessionslos leben – und Werte sich nicht nur aus Religion ableiten lassen.
Ein Sturm im Wasserglas ist das Hickhack um die Kampagne längst nicht mehr. Denn ihre Ablehnung zeigt nicht nur, wie unantastbar Religion im öffentlichen Deutschland noch immer ist – allen Kirchenaustritten und dem Referendum über Ethik und Religion in Berlin zum Trotz. Anhand der atheistischen Buskampagne lässt sich die Lage in Deutschland auch recht unmittelbar mit der in anderen Ländern vergleichen. Denn die deutsche Buskampagne geht – wie viele andere Nachahmer-Projekte in ganz Europa – auf die britische „Atheist Bus Campaign“ zurück.
Inspiriert von einem Kommentar der Guardian-Autorin Ariane Sherine gründete dort der Politikblogger Jon Worth gemeinsam mit der Autorin die Initiative, die atheistische Werbung auf Innenstadt-Busse drucken wollte – als Gegengewicht zu Bibelzitaten an gleicher Stelle. Die Aktion sorgte für eine öffentliche Debatte in Großbritannien und fand Nachahmer von den Niederlanden bis Finnland und sogar in Kanada und den USA.
So groß wie in Deutschland waren die Probleme der Atheistenbusse in kaum einem anderen Land. In Dortmund etwa schickte das Katholische Forum einen Stadtwerke-Bus auf die Straße, an den die Botschaft plakatiert war: „Keine Sorge: Es gibt Gott. Also: Schönen Tag!“ Anders als die Atheisten-Kampagne hatten die Verkehrsbetriebe damit keine Probleme.
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