Bundesweite Demos für Seenotrettung: Seebrücke ist überall

In über 60 Städten wird gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung demonstriert. Die Seebrücke erhält immer mehr Zuspruch.

Vier Demonstrantinnen in Warnwesten halten Schilder, sie sind Teil einer Demonstration, auf einem Schild steht: Stoppt das Sterben im Mittelmeer

Hessen im September 2018: Demonstration der Seebrücke Foto: dpa

Als die Organisator*innen des Seebrücke-Bündnisses in der vergangenen Woche angefangen haben, bundesweite Demos für den kommenden Samstag zu organisieren, war noch nicht klar, was der Fall Carola Rackete für Wellen schlagen würde. Das war am letzten Donnerstag, die „Sea-Watch 3“ lag mit 42 Geflüchteten an Bord vor Lampedusa, die italienischen Behörden verweigerten ihr die Einreise. Obwohl mehr als 50 deutsche Kommunen angeboten hatten, die schiffbrüchigen Migrant*innen aufzunehmen, durfte das Schiff nicht anlegen. Das Seebrücke-Bündnis wollte dafür demonstrieren, dass sich endlich etwas bewegt.

Mittlerweile hat sich viel bewegt – die Passagiere und die Crew sind in Lampedusa von Bord gegangen, die Kapitänin wurde verhaftet und wieder freigelassen. Jetzt droht ihr der Prozess. Ein Grund mehr für die Seebrücke, zu demonstrieren.

Das Bündnis ruft den „Notstand der Menschlichkeit“ aus. Was das heißt, erklärt die Sprecherin Liza Pflaum gegenüber der taz: „Jeder sechste stirbt bei der Flucht über das Mittelmeer. Dass diejenigen, die versuchen, Leben zu retten, dafür kriminalisiert werden, ist ein massiver Angriff auf die Menschenrechte.“ Während auf der „Sea-Watch 3“ der Notstand geherrscht habe, seien die europäischen Staaten unfähig gewesen, sich zu einigen, obwohl es auf lokaler Ebene Lösungen gegeben habe. Man könne deshalb nicht länger warten. Für Samstag haben lokale Seebrücke-Gruppen in über 60 Städten unter dem Motto #freecarola eine Demo angemeldet. Sogar New York ist darunter.

Dabei ist es dem Seebrücke-Bündnis wichtig, zu betonen, dass es nicht nur um Retter*innen wie Rackete geht, sondern vor allem um die Rechte geflüchteter Menschen. In Berlin nahmen im vergangenen Juli rund 12.000 Menschen an einer Demo der Seebrücke teil, in Hamburg zählten die Organisator*innen im vergangenen September mehr als 16.000 Menschen. In der Zwischenzeit ist das Netzwerk, das sich erst im Juni 2018 gegründet hatte, gewachsen. 69 Städte und Kommunen haben mittlerweile den Begriff „sicherer Hafen“, den die Seebrücke geprägt hat, für sich übernommen.

Konkret heißt das allerdings nur, dass sie sich hinter die Forderung nach sicheren Seewegen für Migrant*innen stellen. Damit sie tatsächlich mehr Migrant*innen aufnehmen könnten, als durch den deutschen Verteilungsschlüssel vorgesehen, müsste das Innenministerium zustimmen.

Da der Zuspruch für Seenotrettung aus der Zivilgesellschaft derzeit groß ist, können die Organisator*innen der Seebrücke am Samstag mit mehreren tausend Menschen auf den Straßen rechnen. Die gleichzeitig stattfindende #Unteilbar-Demo in Leipzig sehen sie nicht als Konkurrenz. Dort soll es einen Block der lokalen Seebrücke-Gruppe geben. Das #Unteilbar-Bündnis will mit der Demo am Samstag seine Sachsen-Tour einläuten. Über den Sommer hin bis zur Landtagswahl am 1. September will das Bündnis für eine offene und vielfältige Gesellschaft und gegen Rechts mobilisieren.

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