Bundeswehr in der Türkei: Merkel rechnet mit Besuchserlaubnis
Deutschen Parlamentariern wurde zuletzt der Besuch von Soldaten im türkischen Incirlik verweigert. Die Bundeskanzlerin glaubt, dass sich das bald ändert.
„Ich glaube, dass es in den nächsten Tagen die Möglichkeit gibt, dass wir hier positive Nachrichten zu diesen berechtigten Forderungen auch bekommen“, sagte Merkel am Rande des G20-Gipfels in der ostchinesischen Stadt Hangzhou. Eine endgültige Entscheidung gebe es aber noch nicht. „Warten wir mal ab“, sagte Merkel, die zuvor den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan getroffen hatte.
In den vergangenen Monaten hatte die Türkei deutschen Parlamentariern Besuche verweigert. Hintergrund war die Anfang Juni verabschiedete Armenien-Resolution des Bundestags, die für Streit mit der Türkei sorgte. Darin stufte der Bundestag die ab 1915 im damaligen Osmanischen Reich an den Armeniern begangenen Massaker als Völkermord ein. Die Türkei weist diese Darstellung zurück.
Die Bundesregierung hatte am Freitag erklärt, dass die Entschließung des Parlaments nicht rechtlich verbindlich sei. Vermutlich glätteten sich damit die Wogen.
„Wenn das jetzt die Brücke ist, über die man gehen kann, soll es mir recht sein“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, dazu der Berliner Zeitung vom Samstag. Die Reiseplanung der Verteidigungspolitiker des Bundestags nach Incirlik stehe. „Wir wollen am 4. Oktober in die Türkei fliegen.“
Offiziell äußerte sich die Türkei zunächst nicht dazu, ob die Abgeordneten tatsächlich den Stützpunkt wieder besuchen dürfen. Die Bild am Sonntag berichtete, die Besuchserlaubnis für den 4. Oktober solle nach dem Empfang des neuen türkischen Botschafters in Berlin in der nächsten Woche zügig erteilt werden.
Ohne Besuche kein Mandat
Arnold machte die Besuchserlaubnis zur Bedingung für eine Zustimmung des Bundestags zu einem Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen, die im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) von der Türkei aus den syrischen Luftraum kontrollieren sollen. „Die Mandatierung wird es nur geben, wenn wir unsere Soldaten besuchen können“, sagte er der Bild am Sonntag.
Der Einsatz der Awacs-Maschinen mit deutschen Soldaten an Bord soll der Zeitung zufolge Ende Oktober oder Anfang November beginnen. Am 12. Oktober solle dazu ein Kabinettsbeschluss gefasst werden, in der darauffolgenden Woche solle der Bundestag dem Mandat zustimmen. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte jedoch der Nachrichtenagentur AFP, dass zuvor noch ein Beschluss der Nato abgewartet werden müsse.
Die Türkei nimmt im Bemühen um eine Beilegung des Syrien-Konflikts und bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise eine wichtige Rolle ein. Trotz derzeitiger Spannungen bekannte sich der türkische Europaminister Ömer Celik am Samstag ausdrücklich zu dem Flüchtlingsabkommen mit der EU. Bei einem Treffen mit den EU-Außenministern in Bratislava sagte er zu, dass sein Land die eingegangenen Verpflichtungen erfüllen wolle.
Merkel sagte am Rande des G20-Gipfels, die Gespräche über das Flüchtlingsabkommen und der in Aussicht gestellten Visa-Freiheit für Türken würden derzeit zwischen Ankara und der EU-Kommission „intensiv geführt“. Es gebe „die Möglichkeit eines positiven Ausgangs“; dies könne aber „noch etliche Wochen dauern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus