Bundeswehr in Schulen: "Ich habe einen klaren Auftrag"

Hauptmann Robert Schultz erklärt Schülern die Außenpolitik. Der Jugendoffizier weist aber jede Nachwuchsförderung zurück, er will mit Schülern über Sicherheitsfragen diskutieren.

Werbung oder Aufklärung? Die Bundeswehr wird reformiert, Nachwuchs an Schulen will sie aber nicht rekrutieren. Bild: dpa

taz: Herr Schultz, die Bundeswehr hat Rekrutierungsprobleme, die Wehrpflicht wird ausgesetzt. Dient Ihre Arbeit wirklich allein der Aufklärung ?

Robert Schultz: Ich habe einen ganz klaren Auftrag von meinem Dienstherrn, und der sieht in keiner einzigen Zeile Nachwuchsförderung vor. So steht es auch in meiner Stellenbeschreibung. Wir ergänzen den Schulunterricht zu sicherheitspolitischen Fragen, nicht mehr.

Können Sie sich vorstellen, dass man im Osten, in der ehemaligen DDR, besonders allergisch auf jede Form von Wehrkundeunterricht reagiert?

Ich kenne diesen Unterricht aus DDR-Zeiten nicht genau. Jedenfalls trete ich nicht als potenzieller Arbeitgeber auf. Ich will nur die sicherheitspolitische Diskussion anregen, weil sie nach meiner persönlichen Auffassung in der Gesellschaft nicht den richtigen Platz hat. Und die Bundeswehr möchte einfach, dass ihre Themen, Rahmenbedingungen und Entscheidungen kommuniziert werden. 1977 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Bundesregierung dem mündigen Bürger Informationen zur Verfügung stellen muss.

Sie halten im Unterricht weitgehend Monologe. Müssen Sie ständig den Advocatus diaboli spielen, um zu garantieren, dass Sie Schüler nicht einseitig agitieren? Die sollen sich ja ihre eigene Meinung bilden.

Wir suchen das Gespräch, und auf meiner Visitenkarte steht ein entsprechendes Zitat von Friedrich Dürrenmatt. Ich stelle Thesen auf, rede frei, lasse Bezug nehmen und werde auch permanent mit Fragen gelöchert. Noch einmal: Wichtig ist das Lehrgespräch, und so sehe ich nicht die Gefahr von Einseitigkeit.

Robert Schultz ist Diplompolitologe und Hauptmann der Bundeswehr und Bezirksjugendoffizier in Sachsen. Besonders ausgebildete Jugendoffiziere der Bundeswehr sind in Sachsen seit 1993 tätig. Sie werden hauptsächlich von Schulen in den Gemeinschaftskundeunterricht ab der neunten Klasse eingeladen.

Wie reagieren die Jugendlichen?

Ganz unterschiedlich. Wir lernen sehr kritische Schülerinnen und Schüler kennen, aber auch sehr aufgeschlossene. Diese Ausgewogenheit belebt unser Gespräch und stellt uns auch kritisch infrage. Wer einen anderen Standpunkt hat, soll ihn auch vertreten. Ich bin nur ein Mosaikstein, der zur Urteilsfindung jedes Einzelnen beitragen kann.

"Wie kommen wir ohne Gesichtsverlust möglichst schnell aus Afghanistan heraus?", fragen hinter vorgehaltener Hand sogar höchste Dienstgrade der Bundeswehr. Was erzählen Sie?

Ich finde es zunächst sehr schade, dass Afghanistan nur mit der Bundeswehr verbunden wird. Kaum jemand spricht über die Polizisten, die Entwicklungshelfer, die Diplomaten. Deshalb vermitteln wir das Konzept der Bundesregierung - nicht des Verteidigungsministeriums - zur vernetzten Sicherheit. Was machen das Entwicklungs- oder das Innenministerium dort, wie kann es nach einem Truppenabzug weitergehen?

Wiederholen Sie auch, was man nicht nur bei Exbundespräsident Horst Köhler hörte, dass nämlich auch wirtschaftliche Interessen der Bundesrepublik militärisch zu wahren sind?

Hier kann ich nur auf das seit 1969 regelmäßig aktualisierte Weißbuch der Bundeswehr verweisen. Dort sind in zehn Punkten die deutschen Sicherheitsinteressen aufgeführt.

Warum muss man jetzt die beispielsweise in Sachsen seit 17 Jahren bekannte Tätigkeit von Jugendoffizieren durch eine Kooperationsvereinbarung politisch aufwerten?

Wir weisen damit noch einmal nachdrücklich auf unser Angebot hin. Die Vereinbarung ist auch ein Ausdruck von Transparenz. Unser Angebot, das von etwas mehr als der Hälfte der Mittelschulen und Gymnasien in Sachsen genutzt wird, bleibt ein freiwilliges.

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