Bundeswehr im Süden Afghanistans: Jung sagt Nein
Eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes auf den umkämpften Süden Afghanistans wird es nicht geben, sagt Verteidigungsminister Jung und weist die Forderung der USA zurück.
Die Bundesregierung hat die Forderung der USA, sich auch im Süden Afghanistans an Kampfeinsätzen zu beteiligen, am Freitag abgelehnt. Verteidigungsminister Franz Josef Jung erklärte vor Journalisten: "Wir leisten unseren Beitrag so, wie es das Bundestagsmandat vorsieht." Dieses Mandat verlangt eine Beschränkung des Einsatzes auf den Norden des Landes und auf maximal 3.500 Soldatinnen und Soldaten. Deutschland ist drittstärkster Truppensteller in Afghanistan.
Er werde den US-Verteidigungsminister Robert Gates auf dem Nato-Verteidigungsministertreffen in Vilnius Ende kommender Woche darauf hinweisen, wie groß das Engagement im Süden Afghanistans bereits sei, sagte Jung. "Wenn Freunde in Not kommen, leisten wir auch im Süden zeitlich befristete Unterstützung." Die deutschen Tornados arbeiteten im Süden an der Luftaufklärung, hinzu komme Lufttransport in ganz Afghanistan.
Jung bestätigte am Freitag, dass Gates nicht nur an Deutschland, sondern an alle Nato-Staaten einen Brief geschrieben und einen "verstärkten Beitrag für Afghanistan" gefordert habe. Die Süddeutsche Zeitung hatte zuvor berichtet, dass Gates eine Aufstockung der Nato-Truppen um insgesamt 3.200 Soldaten verlangt. Die Deutschen sollten das Mandat personell ausweiten und Hubschraubereinheiten und Fallschirmjäger in den umkämpften Süden entsenden, um die überlasteten US-Truppen abzulösen. Zugleich beklage Gates die Spaltung des Nato-Einsatzes in Länder, die gegen Taliban und al-Qaida militärisch kämpften, und solche, die dies nicht täten.
Dem Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zufolge kam der Brief für die Bundesregierung "überraschend". Ebenso überraschend sei sein Inhalt gewesen. Laut Süddeutsche sei auch der Ton sehr scharf und fordernd.
Der Grünen-Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei sagte am Freitag der taz, er könne Jung "nur darin bestärken, eine glasklare Position zu beziehen". Deutschland dürfe sich "nicht von einer untergehenden US-Administration unter Druck setzen lassen". Gates sei ein Minister, der einfach auf ein "Mehr vom falschen Alten" setze und immer nur militärisch aufstocken könne, wo aber der Aufbau ziviler Institutionen gefordert sei.
Afghanistans Präsident Hamid Karzai hat erst vor wenigen Tagen in der deutschen Presse gesagt, er sei skeptisch gegenüber weiteren ausländischen Truppen im Land. "Mehr als alles andere brauchen wir Hilfe beim Aufbau unseres Humankapitals und unserer Institutionen", sagte Karzai.
Nachtwei ist der Ansicht, dass Deutschland in Bezug auf sein militärisches Engagement nicht so leicht unter Druck zu setzen wäre, wenn man beim zivilen Wiederaufbau im Norden bessere Arbeit leisten würde. Aber "durch das Versagen im polizeilichen Bereich steht man jetzt doof da."
Jüngst hat auch der Bundeswehrverband lautstark beklagt, dass ausgerechnet der Aufbau und die Ausbildung einer afghanischen Polizei trotz gegenteiliger Beteuerungen der Bundesregierung brachliegt. So seien gegenwärtig bloß 15 deutsche Ausbilder vor Ort, "historischer Tiefstand", sagte Nachtwei. Die EU komme ihren Verpflichtungen in keiner Weise nach. Ihr Versprechen, bis Ende März 195 Polizeiausbilder nach Kabul zu schicken, sei kaum glaubwürdig.
Auch die übrigen Bundestagsfraktionen erklärten, dass die Bundesregierung auf den bevorstehenden Nato-Treffen nicht den USA nachgeben dürfe.
Allerdings reagierte Verteidigungsminister Jung gestern etwas ausweichend auf die Frage, ob das Mandat bei der notwendigen Verlängerung im Oktober durch den Bundestag möglicherweise verändert werde. Dies seien "Spekulationen".
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