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Bundeswehr finanziert SchülerseminareWerbung in Tarnhosen

Schülervertreter aus dem ganzen Bundesland kritisieren die heimlichen Köderversuche der Bundeswehr in Seminaren. Sie fordern mehr Transparenz.

"Mit kritischem Journalismus hatte dieser Kongress nichts zu tun", sagt einer der Teilnehmer. Bild: dpa

BERLIN taz | LandesschülerInnenvertretungen kritisieren das verdeckte Sponsoring von Schülerseminaren durch die Bundeswehr. "Durch die Seminare will die Bundeswehr Schüler ködern, um die militaristischen Strukturen und die angebliche Friedenspolitik zu fördern", sagte Michael Schmidt, Chef der LandesschülerInnenvertretung Berlin.

Am Montag war bekannt geworden, dass das Bundesverteidigungsministerium jahrelang Veranstaltungen für "junge Nachwuchskräfte" finanziert und thematisch beeinflusst hat, ohne als Veranstalter aufzutreten. Künftig wolle man aber als offizieller Sponsor auftreten, so das Ministerium.

"Die Bundeswehr weiß, dass Schüler eine Veranstaltung nicht besuchen würden, wenn der Schriftzug ,Bundeswehr' draufsteht", so Schmidt. Er glaubt, dass die Bundeswehr genau deshalb darauf verzichtet hat, ihr Logo unter Events wie den Jugendpressekongress zu setzen. Stattdessen trat dort die Young Leaders GmbH als Veranstalter auf.

Das Unternehmen führt seit mehreren Jahren Nachwuchsseminare im Auftrag des Verteidigungsministeriums durch. Auf Anweisung der Behörde durften diese jedoch bisher nicht als "Bundeswehr-Seminar" bezeichnet werden. Immerhin wollte man dafür auch "nichtbundeswehraffine Teilnehmer gewinnen", wie es in dem Auftrag des Verteidigungsministeriums an die Young Leaders GmbH heißt.

Fabian S. nahm an einem solchen Kongress in Köln teil. Bei der Anmeldung wusste er nicht, dass er an einem Rekrutierungsseminar teilnehmen würde. "Zusammen erstellten wir in drei Tagen Filme, Broschüren, einen Webartikel und Zeitungsbeitrag", berichtet er. Die Themen drehten sich nur um die Truppe. "Mit kritischem Journalismus hatte dieser Kongress nichts zu tun", so Fabian S. gegenüber der taz.

In Baden-Württemberg hat man grundsätzlich nichts gegen Werbeveranstaltungen der Bundeswehr, so lange sich die Truppe auch zu erkennen gibt. "Alles andere ist bewusste Täuschung der Schüler", sagt Benedikt Jordan vom LandesschülerInnenbeirat. Allerdings solle sich die Bundeswehr bei ihren Veranstaltungen grundsätzlich selbst zügeln und nicht zu früh an Schüler herantreten. Ob solche Werbeveranstaltungen überhaupt Sinn machen, kann Jordan nicht sagen. Er findet jedenfalls, dass das dafür aufgebrachte Geld anderweitig besser eingesetzt wäre.

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14 Kommentare

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  • BS
    Benedikt Schmitz

    Danke für die Kommentare. Bitte achtet darauf, dass wir diesen Artikel vor mehr als einem Jahr verfasst haben. Seitdem hat sich natürlich einiges geändert.

  • S
    Sandy

    Auch ich habe an diversen Veranstaltungen der Young Leaders GmbH teilgenommen und muss sagen, dass es nur bei einer (von 4) Veranstaltung um die Bundeswehr ging.

    Desweiteren ist den Teilnehmern zuvor das Programm bekannt und auch das Themengebiet, aus diesem Grund muss ich dem Artikel widersprechen.

  • JC
    Jan Casper

    Ich habe schon mehrfach an solchen Kongressen teilgenimmen, auch an diesem speziell. Die BW war auf dem Flyer / der Anmeldung von young leaders deutlich zu sehen. Mir war klar, dass es ums Anwerben ging, auch young leaders sprachen von einer PR- Zeitung, die erstellt wird.

    Ich bin mit diesem Wissen angereist, habe micb nicht beeinflussen lassen - und trotzdem interessante Einblicke etc. erhalten sowie journalistisch was mitgenommen.

  • H
    heinzl

    Woher kommt die Angst vor der Bundeswehr? Wurden bei den Seminaren Schüler gepresst und dienen jetzt auf der Gorch Fock im Mast? Oder stand im Kleingedruckten der Einladung zum Seminar eine 4-jährige Verpflichtungserklärung für den Einsatz in Afghanistan?

    Die Bundeswehr sollte, wie alle Institutionen, Firmen, Parteien und Verbände Veranstaltungen mit Jugendlichen durchführen können. Ob das jetzt über eine Eventagentur, einen Seminarprofi oder direkt unter dem Logo der Bundeswehr durchgeführt wird, ist doch egal. Letztendlich vertraue ich auf die engagierten und intelligenten Jugendlichen, die an solchen Seminaren teilnehmen. Sie merken schon, ob sie manipuliert werden oder ob das was da passiert sie interessiert.

    Schließlich ziehen die Werber nicht mehr mit Handgeld und Trommel durch die Straßen.

  • WB
    Wolfgang Bieber

    Die Bundeswehr muss fit gemacht werden für die Zukunft – doch Rekrutierungsmaßnahmen an Schulen sind dafür der falsche Weg. Wer für den Dienst an der Waffe wirbt, verhindert die Entwicklung gewaltfreier Sicherheitskonzepte. Doch genau dort liegt die Zukunft – beruflich und politisch:

    http://bit.ly/py6CGf

  • A
    Alex

    @heinzl:

    Recht haste, schließlich sind junge Menschen im Alter von 14 oder 16 Jahren schon derart fest geprägt, dass dann kein reinkommen mehr in ihre Köpfe ist und hey, dass sie vorher dachten, sie würden auf ein journalistisches Seminar fahren und dann bei einer Werbeveranstaltung der Bundeswehr landen, is doch nicht so wild. Hauptsache die Kids lernen was und lungern nicht auf der Straße rum...

     

    Schwachsinn!!! Wenn die Bundeswehr schon solche Veranstaltungen macht, dann bitteschön auch mit Namen. Aber darauf hat sie ja absichtlich verzichten, denn es sollten auch "nicht-Bundeswehr-affine" Jugendliche geworben werden, wie es in einer Anweisung an den Stroh-Veranstalter (die Young Leaders GmbH) heißt. Die Bundeswehr hat also bewusst getäuscht, im Gegensatz dazu sind mir die von dir angesprochenen Werber mit Handgeld und Trommel wesentlich lieber.Man stelle sich vor Organisationen wie Scientology würden derartige Tricks anwenden - würdest du das gut finden?

  • MV
    modus vivendi

    „Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten.“

     

    Mahatma Gandhi

     

    Die Bundeswehr eine Institution wie jede andere?

    Wäre die Bundeswehr eine Institution wie jede andere, dann wären Ausbildung, Strukturen und Ausrüstung für den Aufbau und die Demokratie konzipiert, statt für Befehl, Gehorsam und Zerstörung. Mit keinem Panzer ist es möglich einen Acker zu pflügen und auch die Bauern bleiben nach üblich sinnfreiem Herumgeballer ungeschützt, denn sie und ihre Familien sind dann meist tot, oder mussten fliehen. Die Äcker sind gewöhnlich durch Minen und vom Wind überall hin verteilten, höchst toxischen und mutagenen Uranstaub auf Jahrhunderte hin versaut.

     

    Die Armen liefern die Leichen,

     

    der Mittelstand muss weichen,

     

    im Krieg verdienen die Reichen.

     

    Wen diese noch immer gültigen Erkenntnisse aus den Zeiten des ersten Weltkriegs noch nicht überzeugen, der denkt in einem Moment des Vollbesitzes seiner geistigen Kräfte vielleicht an die verrohten und traumatisierten Zombies, die der Krieg nun einmal unweigerlich aus jungen orientierungssuchenden Menschen macht und deren, in dieser Lebensphase in der Regel noch sehr ausgeprägten Manipulierbarkeit, nun wohl tatsächlich sogar noch in den Schulen ausgenutzt werden soll.

     

    Wer die persönlichkeitszerstörende Wirkung von Kriegseinsätzen, trotz unzähliger Berichte von Betroffenen, noch immer bezweifelt, der hat den Film "Armadillo" noch nicht gesehen. Alternativ ist der Besuch auf dem Videoportal "Live Leaks" zu empfehlen, um in Originalvideos aus dem Irak und Afghanistan, den menschenverachtenden Zynismus zu erkennen, den sich die Soldaten zugelegt haben, um irgendwie damit klar zu kommen, jeden Tag Menschen zu ermorden, oder selbst zu sterben. Wer danach noch nicht einsieht, dass Militär und Krieg andere Bezeichnungen für galoppierenden Wahnsinn sind, dem ist wohl kaum noch zu helfen und geht am besten gleich selbst hin.

     

    Für oder gegen welche vorgeschobenen Gründe junge Menschen in wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht schon alles gegeneinander gehetzt wurden und werden, auch um eventuell vorhandene revolutionäre Energien profitabel von den Herrschenden weg, auf angebliche Feinde zu lenken. Katholizismus, Evangelikalismus, Islamismus, Nationalismus, Patriotismus, Bolschewismus, Kommunismus, Terrorismus u.s.w.

    Alles im Moment etwas aus der Mode. Selbst Köhlers und Guttenbergs Versuche, den wahren Grund, Kapitalismus, unter dem Label "Wirtschaftskriege" solonfähig zu machen, kamen nicht ganz so gut an wie erhofft.

     

    Der aktuelle Trick, andere Länder zu überfallen ist angeblicher Humanismus. Einfach vom Geheimdienst ein paar militante Contras anwerben und bewaffnen lassen, jeden Tag neue Gülle als Greulpropaganda in die weltweiten Informationskanäle kippen, längst zurückgezogene Behautungen als Beweise bezeichnen und wiederholen bis jeder sie für die Wahrheit hält, Bomben auf alle und infantil trotzige Fokussierung auf eine Person, alle Vermittlungs und Verhandlungsangebote als Lügen abtun, vergleichsweise kleine Interessensgruppen zum Volk erklären, die Zielgruppen in einen Bürgerkrieg stürzen und von der UNO eine humanitäre Resolution abholen und missachten. Schon kann der nächste Raubzug starten. Die Medien werden mit nahezu gleichgeschalteter "humanitärer" Berichterstattung für Ruhe an der "Heimatfront" sorgen.

     

    Der Kriegsgrund Klimatismus ist übrigens bereits in Arbeit, dafür sorgte die jüngst unsere Regierung mit einer entsprechenden Erklärung im Weltsicherheitsrat.

     

    Menschen und Umwelt beschützen, indem man sie umbringt und vergiftet, die Energie junger Menschen kapitalistisch nutzen, kriminell Beute machen und dabei trotzdem zu den Guten gehören. Genial, auf so etwas Abgedrehtes muss erst einmal jemand kommen. Warum auch nicht, ist abgedreht doch in neoliberalen Zeiten offenbar zu einem Synonym für normal geworden.

    Alles in Ordnung, solange die Kasse stimmt und die Kontrollbereiche ausgeweitet werden können.

     

    "Als nächstes wird der Staatsmann billige Lügen erfinden, die die Schuld der angegriffenen Nation zuschieben, und jeder Mensch wird glücklich sein über diese Täuschungen, die das Gewissen beruhigen. Er wird sie eingehend studieren und sich weigern, Argumente der anderen Seite zu prüfen. So wird er sich Schritt für Schritt selbst davon überzeugen, dass der Krieg gerecht ist und Gott dafür danken, dass er nach diesem Prozess grotesker Selbsttäuschung besser schlafen kann." Mark Twain - 'Der geheimnisvolle Fremde'

     

    Nie wieder Krieg!

     

    Cara deum mittat cerebrum de caelo.

  • NU
    Na und?

    Na und? Die Grünen, die SPD, die CDU/CSU, die FDP und sogar die verfassungsfeindliche Diktaturpartei "Linkspartei" früher als SED bekannt werben doch auch an Schulen für ihre Kaderorganisationen. Bei der Bundeswehr weiß man wenigstens, daß man dort für Deutschland, Freiheit und Demokratie kämpft. Das kann man von Vorhergenannten meist nicht erkennen.

  • BS
    Benedikt Schmitz

    @Thanthalas:

    "Die Bundeswehr weiß, dass Schüler eine Veranstaltung nicht besuchen würden, wenn der Schriftzug ,Bundeswehr' draufsteht"..

     

    ist ein Zitat, kein normaler Text des Artikels.

  • N
    Nico

    @heinzl

     

    Es ist eben NICHT egal, unter welchem "Deckmantel" die Bundeswehr wirbt. Denn viele Jugendliche werden sich der Realität - es geht um Krieg, es geht um den Gebrauch von Waffen und im schlimmsten Fall darum, jemanden zu töten - nur bewusst, wenn sie WISSEN dass es ein Seminar der Bundeswehr ist!

     

    Ich bin der Bundeswehr nicht pauschal abgeneigt, aber wenn sie schon Mitglieder werben, sollten sie die Jugendlichen sachlich informieren - über Chancen genauso wie über Gefahren und Belastungen. Und genau davor scheint die Bundeswehr Angst zu haben.

    Seltsam...

  • T
    till

    Auch ich habe bei solchen Seminaren teilgenommen. Einerseits sind sehr gute Referenten viel Wert, andrerseits läuft die Manipulation sehr suptil, und daher, heinzl, nicht offensichtlich für jeden ab. Young leaders lässt sich übrigens auch von anderen uternehmen, wie beispielsweise Airbus sponsorn. Wenn dieses sponsoring klar erkennbar ist und die Ziele der jeweilgen Finanzierer offensichtlich, ist das okay. Wenn ich damals jedoch gewusst hätte, welche Stellung Themen der Bundeswehr in dem Programm haben, hätte ich mich nicht angemeldet. Insgesamt setzt young leaders auf Elitenbildung und schreckt dabei auch vor Diskriminierugen nicht zurück: Wer auf der Anmeldug schreibt er sei Mitglied der Linken wird prinzipiell nicht genommen.

  • T
    Thanthalas

    "Die Bundeswehr weiß, dass Schüler eine Veranstaltung nicht besuchen würden, wenn der Schriftzug ,Bundeswehr' draufsteht"

     

     

    Dieser Satz zeigt wie die Schulen Brainwash bei den Schülern betreiben. Zu meiner Schulzeit vor ca 10 Jahren war dies nicht der Fall. Wahrscheinlich wird hier aber seitens der TAZ wieder übertrieben.

  • H
    heinzl

    Woher kommt die Angst vor der Bundeswehr? Wurden bei den Seminaren Schüler gepresst und dienen jetzt auf der Gorch Fock im Mast? Oder stand im Kleingedruckten der Einladung zum Seminar eine 4-jährige Verpflichtungserklärung für den Einsatz in Afghanistan?

    Die Bundeswehr sollte, wie alle Institutionen, Firmen, Parteien und Verbände Veranstaltungen mit Jugendlichen durchführen können. Ob das jetzt über eine Eventagentur, einen Seminarprofi oder direkt unter dem Logo der Bundeswehr durchgeführt wird, ist doch egal. Letztendlich vertraue ich auf die engagierten und intelligenten Jugendlichen, die an solchen Seminaren teilnehmen. Sie merken schon, ob sie manipuliert werden oder ob das was da passiert sie interessiert.

    Schließlich ziehen die Werber nicht mehr mit Handgeld und Trommel durch die Straßen.

  • WB
    Wolfgang Bieber

    Die Bundeswehr muss fit gemacht werden für die Zukunft – doch Rekrutierungsmaßnahmen an Schulen sind dafür der falsche Weg. Wer für den Dienst an der Waffe wirbt, verhindert die Entwicklung gewaltfreier Sicherheitskonzepte. Doch genau dort liegt die Zukunft – beruflich und politisch:

    http://bit.ly/py6CGf