Bundeswehr-Jahresbericht 2012: Die Truppenmoral ist im Eimer

Überlastung, Auslandseinsätze, hohe Scheidungsraten – all das drückt die Stimmung deutscher Soldaten. Die Zahl der rechtsextremen Vorfälle hat leicht zugenommen.

Saustimmung: Die deutschen Soldaten sind unzufrieden. Bild: dapd

BERLIN dapd/dpa | In den Streitkräften ist die Stimmung nach Darstellung des Wehrbeauftragten des Bundestages, Hellmut Königshaus, nach der Bundeswehrreform im Keller. Dies sei bei fast allen Dienstgraden zu spüren, stellt der FDP-Politiker in seinem am Dienstag vorgelegten Jahresbericht 2012 fest. In zwei wissenschaftliche Untersuchungen sei dies bestätigt worden. „Insbesondere die Dienst- und Einsatzbelastung hat vielfach die Grenzen der Belastbarkeit erreicht, teilweise bereits überschritten. Eine Verbesserung der Stimmung in der Truppe zeichnet sich nicht ab.“

Der FDP-Politiker weist darauf hin, dass unter anderem die „Pendelei“ zwischen Wohn- und Stationierungsort Familien belaste. Zu Verunsicherung führe auch die ungewisse Laufbahnentwicklung der Soldaten. Hinzu kämen mehrmonatige Auslandseinsätze. „Dies führt zu weit überdurchschnittlichen Trennungs- und Scheidungsraten. Die Bundeswehr widmet diesem Aspekt noch immer nicht die notwendige Aufmerksamkeit“, kritisierte der Wehrbeauftragte.

Königshaus weist zudem auf einen leichten Anstieg rechtsextremer Vorfälle in der Truppe hin. Es wurden im vergangenen Jahr 67 Vorfälle nach 63 im Jahr zuvor gemeldet. Alle Vorgänge würden untersucht und geahndet. Es gehe vor allem um sogenannte „Propagandadelikte“, also das Hören rechtsextremer oder fremdenfeindlicher Musik oder das Zeigen des Hitlergrußes.

Zusätzliches Augenmerk gibt die Bundeswehr laut Königshaus auch den Fällen von sexueller Gewalt oder Belästigung in der Bundeswehr. Es dürfte, wie in der Gesellschaft insgesamt, eine nicht unerhebliche Dunkelziffer geben, dazu wolle die Bundeswehr eine Untersuchung auf den Weg bringen.

2012 seien in 50 Fällen „Besondere Vorkommnisse“ mit sexuellem Bezug gemeldet. In 16 Fällen seien Soldatinnen Opfer und Soldaten Täter gewesen. Vergewaltigungen seien aber wie in den Vorjahren die absolute Ausnahme. Es geht laut Königshaus um unangemessene Berührungen und verbale sexuelle Belästigungen.

In drei der gemeldeten Fälle ging es um Übergriffe unter Männern. Königshaus wies darauf hin, im vergangenen Jahr seien vier Fälle mit Verdacht auf Kinderpornographie gemeldet worden. Soldaten sei der der Besitz und zum Teil die Verbreitung kinderpornographischer Bilder und Videos vorgeworfen worden.

Positiv bewertete der Wehrbeauftragte Verbesserungen bei der Ausrüstung der Truppe im Einsatz. Dies habe dazu beigetragen, dass in Afghanistan seit Mitte 2011 kein deutscher Soldat mehr getötet wurde. Auch die Versorgung Verwundeter lobte Königshaus. Allerdings bemängelte er, dass die Behandlung traumatisierter Soldaten weiterhin zu wünschen übrig lasse. Noch immer fehle es an Psychologen und Psychotherapeuten, während die Zahl traumatisierter Soldaten im vergangenen Jahr auf einen Höchststand von 1.143 gestiegen sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.