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BundesverfassungsgerichtKeine Abschiebung nach Griechenland

Das Bundesverfassungsgericht gibt der Klage eines Irakers recht. Der Mann sollte nach Griechenland abgeschoben werden, aber das dortige Asylsystem ist zu überlastet.

Karlsruhe spricht von einem "Grundsatz der Solidarität", wenn das Asylsystem eines EU-Mitgliedsstaats völlig überlastet sei. Bild: dpa

FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht stoppt erstmals eine Abschiebung nach Griechenland. Geklagt hatte ein Iraker, der in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte. Er sollte nach Griechenland abgeschoben werden, weil er dort schon einmal erfolglos Asyl beantragt hatte. Im Rahmen der sogenannten Dublin-II-Verordnung ist jeweils der EU-Staat des ersten Kontakts für die Asylverfahren zuständig.

Allerdings ist Griechenland völlig damit überfordert, ordentliche Asylverfahren durchzuführen und Flüchtlinge anständig unterzubringen. Das hat auch die EU-Kommission festgestellt und Griechenland ermahnt.

Laut Grundgesetz gilt Griechenland als EU-Mitglied jedoch automatisch als sicherer Drittstaat. Gegen Abschiebungen in EU-Staaten soll es auch keine aufschiebende Klagemöglichkeit geben. Die dadurch entstehenden komplizierten Rechtsfragen will das Bundesverfassungsgericht nun gründlich prüfen. Karlsruhe spricht von einem "Grundsatz der Solidarität", der greifen könne, wenn das Asylsystem eines Mitgliedsstaats völlig überlastet sei.

Die Möglichkeit, dass der Iraker in Griechenland auf den Ausgang des Verfahrens warten muss, hat Karlsruhe verworfen, weil die Gefahr besteht, dass er dort nicht ordentlich registriert wird und als Obdachloser nicht mehr erreichbar ist.

Auf diese Entscheidung können sich bis auf Weiteres alle Betroffenen berufen. Folge könnte ein genereller vorläufiger Stopp der Abschiebung nach Griechenland sein. 2009 gab es laut Pro Asyl knapp 100 Überstellungen nach Griechenland. In weiteren 252 Fällen stoppte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Abschiebung, 70 Mal blockierten die Verwaltungsgerichte. (Az.: 2 BvQ 56/09)

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15 Kommentare

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  • B
    Burghardt

    Endlich, die unmenschlichen Zustände in Griechenland waren nicht zu ertragen.

    Und zu Herrn Krause: Nein, 100 Leute mehr werden dass deutsche System sicher nicht überlasten.

  • JB
    jonny b good

    @ Charlie

     

    Zurecht, diese Verordnung macht auch keinen Sinn und führt nur zu dem bekannten Chaos welches sich in Griechenland und Italien beobachten läßt.

    Die Dublin-Verordnung gehört abgeschafft und durch ein faires Verteilungssystem ersetzt. Staate wie Griechenland kommen nicht mehr mit dem Andrang klar, während Schäuble sich ins Fäustchen lachen kann.

    Das Urteil ist wichtig und Deutschland sollte mehr Verantwortung übernehmen.

  • K
    Krause

    Was machen wir mit diesen Leuten hier? Wir kriegen ja schon die nicht integriert die schon hier sind. Unsere Kinder werden sich bei uns bedanken.

  • S
    Sebastian

    Ich wohne in Griechenland (Patras), und ich denke es ist ein sehr wichtiges Urteil.

    Das griechische Asylsystem (eigentlich gar nicht existent)ist eine Katastrophe, allein in Patras leben um die 5000 illegale Eindwander, welche zumeist aus Afghanistan ueber den Land- oder Seeweg aus der Tuerkei nach Griechenland gelangen. Es gibt keine offiziellen Auffanglager und das bisherige illegale Lager aus Brettern und Plastikplanen wurde kuerzlich platt gemacht ohne jedwegen Ersatz.

     

    Die Ploizei geht rigoros und teilweise menschenverachtend vor. Der Hafen aehnelt mittlerweile einer Festung mit drei Reihen Stacheldraht und staendiger Polizeipraesens.

    Teilweise sollen ganze Busladungen mit Fluechtlingen wieder zum tuerkisch/griechischen Grenzgebiet gekarrt worden sein und dort zurueck in die Tuerkei gedraengt worden sein.

     

    Mit dem Dublin abkommen haben sich die nordeuropaeischen Staaten schoen aus der Verantwortung gezogen und die Probleme den Grenzstaaten (Italien, Spanien und Griechenland) ueberlassen.

    Meines erachtens eine klare Politk der Abschreckung und Verdraengens. Jeder Afrikaner, Afghane etc. soll begreifen, dass sein Weg nach Europa in ueberfuellten Auffanglagern oder auf der Strasse endet.

     

    Recherchiert mal ein bisschen im Internet (Stichworte: Patras, Fluechtlinge)und ihr werdet schnell begreifen dass wir ach so sozialen und ueber die USA (Guantanamo) erhabenen Eurpaeer in der gleichen Liga spielen.

     

    Gruss Sebastian

  • C
    Charlie

    Dieses Urteil ist ein Freibrief für alle, die aus Asien oder Afrika kommend nach Deutschland wollen und nun auf die Dublin-II - Verordnung pfeifen können.

  • A
    Anon

    Warum hab ich immer öfter das Gefühl, das allein unsere Gerichte (zumindest die höheren und höchsten die wir haben) Recht aber auch minmalen Anstand und Würde verteidigen, während 'etablierte' Politiker aller Farben skandalöses, menschenverachtendes entweder betreiben oder mindestens passieren lassen? Ist sowas kein Skandal?

     

    Auch aufgrund der EU-Untersuchungen muss es den zuständigen Politikern und Behörden bekannt sein, in welche Situation sie dort Menschen abschieben.

     

    Trotzdem wird es jahrelang durchgezogen, welcher Asylant hat schon die Macht sich wirklich zu wehren?

     

    Dass nun ein solcher einen gerichtlichen Sieg erzielt, kommt einem größeren Wunder gleich:

    Der durchschnittliche Asylant dürfte wenig Geld haben, wenig Kenntnisse des deutschen Rechtssystems, wenig Energie für Stress+Ärger, und erst recht wenig politische Connections... (und seinen nächsten Geburstag vermutlich nicht im Kanzleramt feiern...)

     

    Wird sich unser Aussenminister (SPD) entschuldigen? Wird er sich überhaupt dazu äußern? Oder unsere Kanzlerin, die bekanntlich für "die Richtlinien der deutschen Politik" verantwortlich ist (CDU)?

     

    Alles scheissegal? "Stark für Familien", "Wir in Europa", "Die Mitte stärken", "Mehr Kohl für... wenauchimmer". Ist das alles?

     

    Ich schäme mich für unser Land.

  • LW
    Lasse Wißmann

    Ein unglaublich wichtiges Urteil. Ein Präzedenzfall, der allen Flüchtlingen und Einwanderern zumindest ein wenig helfen kann.

  • EA
    ewa aniol

    Das ist eine sehr gute Entscheidung, man muss Menschen helfen die im eigenem land nicht leben können oder wollen.Viele wollen in Deutschland keine Asylbewerber haben.das zeigt wie herzlos die Leute sind.Wenn man nie hunger oder Folter ertragen musste, kann man das vielleicht nicht verstehen. Wenn man ein bisschen Gefühl für die Mitmenschen hat schon! Seid nicht so kalt! Das ist unmenschlich!!!

  • B
    Burghardt

    Endlich, die unmenschlichen Zustände in Griechenland waren nicht zu ertragen.

    Und zu Herrn Krause: Nein, 100 Leute mehr werden dass deutsche System sicher nicht überlasten.

  • JB
    jonny b good

    @ Charlie

     

    Zurecht, diese Verordnung macht auch keinen Sinn und führt nur zu dem bekannten Chaos welches sich in Griechenland und Italien beobachten läßt.

    Die Dublin-Verordnung gehört abgeschafft und durch ein faires Verteilungssystem ersetzt. Staate wie Griechenland kommen nicht mehr mit dem Andrang klar, während Schäuble sich ins Fäustchen lachen kann.

    Das Urteil ist wichtig und Deutschland sollte mehr Verantwortung übernehmen.

  • K
    Krause

    Was machen wir mit diesen Leuten hier? Wir kriegen ja schon die nicht integriert die schon hier sind. Unsere Kinder werden sich bei uns bedanken.

  • S
    Sebastian

    Ich wohne in Griechenland (Patras), und ich denke es ist ein sehr wichtiges Urteil.

    Das griechische Asylsystem (eigentlich gar nicht existent)ist eine Katastrophe, allein in Patras leben um die 5000 illegale Eindwander, welche zumeist aus Afghanistan ueber den Land- oder Seeweg aus der Tuerkei nach Griechenland gelangen. Es gibt keine offiziellen Auffanglager und das bisherige illegale Lager aus Brettern und Plastikplanen wurde kuerzlich platt gemacht ohne jedwegen Ersatz.

     

    Die Ploizei geht rigoros und teilweise menschenverachtend vor. Der Hafen aehnelt mittlerweile einer Festung mit drei Reihen Stacheldraht und staendiger Polizeipraesens.

    Teilweise sollen ganze Busladungen mit Fluechtlingen wieder zum tuerkisch/griechischen Grenzgebiet gekarrt worden sein und dort zurueck in die Tuerkei gedraengt worden sein.

     

    Mit dem Dublin abkommen haben sich die nordeuropaeischen Staaten schoen aus der Verantwortung gezogen und die Probleme den Grenzstaaten (Italien, Spanien und Griechenland) ueberlassen.

    Meines erachtens eine klare Politk der Abschreckung und Verdraengens. Jeder Afrikaner, Afghane etc. soll begreifen, dass sein Weg nach Europa in ueberfuellten Auffanglagern oder auf der Strasse endet.

     

    Recherchiert mal ein bisschen im Internet (Stichworte: Patras, Fluechtlinge)und ihr werdet schnell begreifen dass wir ach so sozialen und ueber die USA (Guantanamo) erhabenen Eurpaeer in der gleichen Liga spielen.

     

    Gruss Sebastian

  • C
    Charlie

    Dieses Urteil ist ein Freibrief für alle, die aus Asien oder Afrika kommend nach Deutschland wollen und nun auf die Dublin-II - Verordnung pfeifen können.

  • A
    Anon

    Warum hab ich immer öfter das Gefühl, das allein unsere Gerichte (zumindest die höheren und höchsten die wir haben) Recht aber auch minmalen Anstand und Würde verteidigen, während 'etablierte' Politiker aller Farben skandalöses, menschenverachtendes entweder betreiben oder mindestens passieren lassen? Ist sowas kein Skandal?

     

    Auch aufgrund der EU-Untersuchungen muss es den zuständigen Politikern und Behörden bekannt sein, in welche Situation sie dort Menschen abschieben.

     

    Trotzdem wird es jahrelang durchgezogen, welcher Asylant hat schon die Macht sich wirklich zu wehren?

     

    Dass nun ein solcher einen gerichtlichen Sieg erzielt, kommt einem größeren Wunder gleich:

    Der durchschnittliche Asylant dürfte wenig Geld haben, wenig Kenntnisse des deutschen Rechtssystems, wenig Energie für Stress+Ärger, und erst recht wenig politische Connections... (und seinen nächsten Geburstag vermutlich nicht im Kanzleramt feiern...)

     

    Wird sich unser Aussenminister (SPD) entschuldigen? Wird er sich überhaupt dazu äußern? Oder unsere Kanzlerin, die bekanntlich für "die Richtlinien der deutschen Politik" verantwortlich ist (CDU)?

     

    Alles scheissegal? "Stark für Familien", "Wir in Europa", "Die Mitte stärken", "Mehr Kohl für... wenauchimmer". Ist das alles?

     

    Ich schäme mich für unser Land.

  • LW
    Lasse Wißmann

    Ein unglaublich wichtiges Urteil. Ein Präzedenzfall, der allen Flüchtlingen und Einwanderern zumindest ein wenig helfen kann.