Bundestagswahlkampf der Grünen: Die Basis ist zu schnell
Ein grüner Lokalpolitiker will als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl antreten. Seine Ankündigung kommt für die Berliner Zentrale zu früh.
BERLIN taz | Eigentlich liegt kaum einem Grünen-Politiker eine engagierte Basis so am Herzen wie Steffi Lemke. Sie ist als Bundesgeschäftsführerin dafür zuständig, lebhafte innerparteiliche Debatten zu organisieren. Aber nun pfiff sie ihre Leute zurück. „Eine Bewerbung ist erst dann möglich, wenn eine Urwahl eingeleitet wurde.“
Damit reagierte Lemke auf die Ankündigung eines grünen Lokalpolitikers, bei einer Urwahl über SpitzenkandidatInnen für den Bundestagswahlkampf anzutreten. Damit wolle er „ein Signal für Mitgliederbeteiligung“ setzen, sagte Werner Winkler, Ortsvorsitzender in Waiblingen, am Freitag. Er hatte seine Bewerbung abgeschickt, nachdem Parteichefin Claudia Roth in der taz für eine Urwahl plädiert hatte.
Lemke wies die Grünen-Basis darauf hin, dass es noch nicht möglich sei, eine Kandidatur anzumelden. „Aus der Absichtserklärung, kandidieren zu wollen, ergibt sich noch keine Wahl.“ Denn noch ist eine Wahl nicht offiziell anberaumt. Ein kleiner Parteitag Ende April muss zunächst über Verfahrensregeln entscheiden, danach müssten die Parteigremien den Beschluss für die Urwahl fällen. Sie haben entschieden, dass ein quotiertes Duo die Grünen anführen soll. Und eine Urwahl nur anzuberaumen, wenn es Konkurrenz gibt.
Der Vorstand diskutiert gerade einen Vorschlag für eine Urwahlordnung, den er dem kleinen Parteitag unterbreiten will. Er ist bisher uneinig, wie hoch die Hürden für KandidatInnen sein sollen. Lässt man unbekannte Basisleute wie Winkler zu – und riskiert Dutzende Kandidaturen? Oder schließt man sie aus, indem man eine gewisse Zahl von Unterstützerverbänden oder -unterschriften verlangt?
Sicher ist: Bei bisherigen Wahlen von Spitzengremien war die Zahl unbekannter Interessenten überschaubar. Bei den Grünen kann etwa jedes Mitglied für den 6-köpfigen Vorstand kandidieren. 2010 hatten weder Lemke noch die Parteivorsitzenden Roth und Cem Özdemir Gegenkandidaten. Ebenso wenig wie 2008 – ein unbekanntes Mitglied kündigte eine Kandidatur gegen Özdemir an, erschien aber beim Parteitag nicht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung