Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble: „Prügeln sollten wir uns hier nicht“
Der neue Bundestagspräsident heißt Wolfgang Schäuble. Er fordert Respekt für Mehrheitsentscheidungen im Bundestag. AfD-Kandidat Glaser fällt als Vize durch.
Schäuble erhielt 501 von 704 abgegebenen gültigen Stimmen. Mit Nein votierten 173 Abgeordnete, es gab zudem 30 Enthaltungen sowie eine ungültige Stimme. Jede Fraktion hat außerdem Anrecht auf einen Bundestagsvizepräsidenten: Für die Union wurde der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Friedrich gewählt, für die SPD der ehemalige Fraktionschef Thomas Oppermann und für die FDP Parteivize Wolfgang Kubicki.
Als Vertreterin der Grünen erhielt die bisherige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth im ersten Wahlgang eine Mehrheit. Für die Linksfraktion wurde erneut Petra Pau gewählt, die das Amt bereits seit 2006 innehat.
Wie erwartet verfehlte dagegen der AfD-Kandidat Glaser mit 115 Stimmen zunächst die nötige Mehrheit von 355 Abgeordneten. Die Nominierung des Abgeordneten, der den Islam wiederholt als politische Ideologie bezeichnet und die Religionsfreiheit für Muslime in Frage gestellt hatte, war bei den anderen Parteien bereits im Vorfeld der Sitzung auf Widerstand gestoßen.
„Demokratischer Streit ist notwendig, aber es ist Streit nach Regeln“, gab Schäuble den Abgeordneten für die anstehende Legislaturperiode mit auf den Weg. Ohne direkt auf Wahlkampfäußerungen der AfD Bezug zu nehmen, beklagte er „Töne der Verächtlichmachung und Erniedrigung“ in den vergangenen Monaten. Diese hätten „keinen Platz in einem zivilisierten Miteinander“, sagte er.
Mit Blick auf seine 45-jährige Erfahrung als Parlamentarier fügte der neue Bundestagspräsident aber hinzu, dass „Erregung und Krisengefühle“ in der bundesdeutschen Politik „so neu nicht wirklich sind“. Auch deshalb sehe er „mit Gelassenheit“ auf die Auseinandersetzungen der kommenden Jahre.
Als dienstältester Abgeordneter hätte Schäuble die konstituierende Sitzung auch als Alterspräsident eröffnen können, wegen seiner erwarteten Wahl zum Bundestagspräsidenten verzichtete er aber darauf. Stattdessen fiel die Aufgabe dem FDP-Abgeordneten Hermann Otto Solms zu, der in seiner Eröffnungsrede angesichts der Rekordzahl von 709 Abgeordneten eine „rasche“ Wahlrechtsreform forderte. „Die Größe dieses aufgeblähten Parlamentes trägt eher dazu bei, dass die Arbeitsfähigkeit des Bundestages genauso wie sein Ansehen bei den Bürgern leidet“, sagte er.
Der Bundestag hatte im Sommer seine Geschäftsordnung geändert, um einen AfD-Politiker als Alterspräsidenten zu verhindern. Zuvor war diese Rolle dem Abgeordneten mit dem höchsten Lebensalter zugefallen. Der AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann verglich diese Neuregelung in seiner Bundestagsrede am Dienstag mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten: In den dreißiger Jahren habe der damalige Reichstagspräsident Hermann Göring wegen der KPD-Politikerin Clara Zetkin die damalige Regel zum Alterspräsidenten gebrochen.
„Wir sind mit einer Fraktion konfrontiert, die sich heute nicht mal entblödet hat, sich in eine Reihe zu stellen mit den Opfern des Nationalsozialismus“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Jürgen Trittin. Auch der FDP-Politiker Marco Buschmann sagte, dass die AfD sich mit den Opfern Görings vergleiche, damit habe sich die Partei „an Geschmacklosigkeit selbst übertroffen“.
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