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Bundesregierung verschiebt UnterzeichnungActa vorerst wohl auf Eis

Deutschland wird das Abkommen Acta vorläufig nicht unterzeichnen. Der Protest zeigt Wirkung, das Auswärtige Amt hat die erteilte Weisung wieder zurückgezogen.

Bleibt erstmal ununterzeichnet: Acta. Bild: dpa

BERLIN dpa/dapd | Deutschland wird das internationale Urheberrechtsabkommen Acta nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa vorerst nicht unterzeichnen. Das Auswärtige Amt habe die bereits erteilte Weisung zur Signierung des umstrittenen Vertragswerks wieder zurückgezogen, verlautete am Freitag aus Regierungskreisen.

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen) wurde am 26. Januar von der EU sowie von 22 der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Deutschland habe den Vertrag nur aus formalen Gründen noch nicht mit unterzeichnet, die fehlende Unterschrift werde "in Kürze" nachgeholt, hieß es daraufhin im Auswärtigen Amt. Der auf Initiative der USA und Japans ausgehandelte Vertrag regelt unter anderem die "Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld".

er Zwischenzeit verstärkten sich jedoch die Proteste gegen Acta, zahlreiche Internet-Aktivisten mobilisierten zu einer Kampagne gegen das Abkommen. Die Grünen, die Linke und die Piratenpartei sprachen sich ebenfalls gegen Acta aus. In der vergangenen Woche hatten mit Polen und Tschechien bereits zwei weitere EU-Staaten die Ratifizierung von Acta vorerst ausgesetzt.

Am Freitag hatten auch mehrere Koalitionspolitiker Kritik am Acta-Verfahren geübt: Die Bundesregierung sollte die Prüfung des Abkommens durch das Europäische Parlament zunächst abwarten, forderte der FDP-Abgeordete Jimmy Schulz am Freitag in Berlin. Sein Fraktionskollege Manuel Höferlin fügte hinzu, die Verhandlungen zu Acta seien "demokratisch entkoppelt und bürgerfern" gewesen. Das habe dazu geführt, "dass nun im Netz Unmut und Unsicherheit wachsen".

Der CDU-Netzpolitiker Michael Kretschmer hat mangelnde Öffentlichkeit bei den Verhandlungen zum umstrittenen Anti-Produktpiraterie-Abkommen Acta kritisiert. "Viel Aufregung wäre vermieden worden, hätte es bei den Verhandlungen mehr Transparenz gegeben", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende am Freitag in Berlin. Es schaffe kein Vertrauen in der Bevölkerung, "wenn solche Verträge wie ein Geheimabkommen zustande kommen".

Weltweit haben Netzaktivisten für Samstag zu Demonstrationen gegen das umstrittene Abkommen aufgerufen, weil sie unter anderem Einschränkungen des Internets befürchten. In rund 60 deutschen Städten werden zehntausende Demonstranten erwartet.

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4 Kommentare

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  • H
    herbert

    Die Polen wissen noch aus Solidarnosc-Zeiten, das es Freiheit nicht gratis gibt und schön zu sehen das auch der Deutsche Michel endlich erwacht ist. Die geliebte Bundesregierung scheint Wind von den Protesten bekommen zu haben. Von einer guten Scheindemokratie darf man auch erwarten, daß sie flexibel auf die Stimmung im Volk reagiert.

     

    Nun wird auf Zeit gespielt, man schiebt den Ball zum EU-Parlament das kennt sich mit sowas bestens aus, siehe SWIFT-Bankdatenabkommen.

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Das Problem mit ACTA ist doch gar nicht, dass es ein Geheimabkommen ist. ACTA wäre auch ein Problem, wenn es jahrelang offen verhandelt worden wäre.

     

    Der Inhalt ist das Problem. Die Geheimhaltung war nur der Weg, wie sie versucht haben, und über den schädlichen Inhalt hinwegzutäuschen.

     

    Und jetzt passiert das wieder: Politiker sagen, dass nur die Geheimhaltung das Problem sei. Und das ist ein Weg, um die Ratifizierung vorzubereiten „jetzt, wo ja alles auf dem Tisch liegt”.

  • VW
    Verschoben wohin? auf wann?

    Nein, ihre Darstellung ist widersprüchlich und führt zu Fehlinterpretation :

     

    Auf Eis gelegt und verschoben.

    Die Unterzeichnung wurde deshalb verschoben, weil

    - Polen vorerst nein gesagt hat

    - sich größere Proteste für morgen, Samstag angekündigt haben

    - verschiedene Umsetzungsprobleme noch gelöst werden sollen.

     

    Ich glaube nicht, dass wegen einem größeren Protest die BReg plötzlich einknickt.

    Das tut sie in anderen harten Themen auch nicht.

    Aber in der taz werden immer weider Überschriften gewählt, die einer Erolgsmeldung gleichkommen, obwohl es sich nicht um reale Erfolge handelt:

    - Ausstieg aus der Atomwirtschaft: beschlossen, fertig

    - Acta auf Eis

    - Mindestlohn eingeführt - in Bremen

    - Konflikt XY gelöst.

     

    Nein, das ist nicht richtig.

    Umgekehrt sollten die Unzufriedenen darauf beharren, dass nichts gelöst ist, die Krise des Kapitals, der Umwelt, weitergeht und auch bei Zugeständnissen das Vertrauen in die Politiker nicht wieder hergestellt werden kann.

     

    Sie arbeiten am Kitt, ich am Bruch.

    Echte-Demokratie-Jetzt heißt: keine Parteien, keine Hierarchien, kein Management as usual.

     

    Unter der Führung Deutschlands soll ACTA zentral durchgepresst werden, wenn alle "technischen Probleme gelöst" sind.

    Wehe Ihren Lösungen!

  • H
    Hans

    Hier gebührt großer Dank den Menschen in Polen, die gegen ACTA auf die Strasse gegangen sind und es in die Medien getragen haben, aber auch allen anderen die sich dagegen gestellt haben.