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BundesligaTimm kommt für Gambo

■ Das 0:2 gegen die Bayern zeigt, was von Borussia Dortmund übrig ist – eher wenig

Dortmund (taz) – Das war Pech für Nevio Scala. Am Morgen, so berichtete der Trainer des amtierenden Champions- League-Siegers nach dem 0:2 gegen Meister Bayern München, am Morgen hatte Borussia Dortmund „Scott Booth verloren“. Wegen Wadenprellung. Scott Booth? Interessant, murmelt da mit merklichem Desinteresse jemand, der die letzte Zeit im Urlaub war. Dortmund ist der erfolgreichste deutsche Verein der 90er.

Wo also liegt das Problem, wenn ein Ersatzspieler geprellt ist? Stürmt eben Herrlich – Antwort: verletzt. Oder Chapuisat – dito. Möller! Nein, denn just formiert sich mit ihm und dem schönen Sousa und dem jungen But ein spielfreudiges Mittelfeld, dessen Zusammenwachsen nicht gestört werden darf. Riedle – zu blöd, ist verkauft.

Bundesliga, 17. Spieltag:

Bor. Dortmund – Bayern0:2

Tore: Jancker (36.), Elber (40.)

Leverkusen – 1. FC Köln4:0

Tore: Meijer (18.), Kirsten (38., 89., 90.)

Tabellenspitze:

1. Kaiserslautern14/33

2. Bayern München15/32

3. Bayer Leverkusen15/25

Man könnte ähnlich über die Dortmunder Abwehr verzweifeln. Das ist wieder für sich eine sehr komplexe und traurige Geschichte von Dauerverletzungen (Sammer) und notorischen Nachlässigkeiten (Feiersinger) und sporadischer Altersschwäche (Cesar). Bei der Kombination Libero Feiersinger, Manndecker Cesar und Reuter war es für Bayern jedenfalls nur eine Frage der Zeit, wann das neue Stürmertraumpaar Elber/Jancker treffen würde. Binnen fünf Minuten verschätzte sich Reuter zweimal bei Kopfbällen. Das reichte. Auf der Bayern-Bank saßen am Dienstag derweil Zickler und Rizzitelli, zwei ausgebildete Angreifer.

Ausgebildete Angreifer! Auf der Bank?! Zwei!! Beim BVB stand im „Meisterduell“ (Sat.1) in der Anfangsformation mutterseelenallein ein Stürmer, der noch nie ein Bundesligaspiel bestritten hatte: Bashiru Gambo, 19 Jahre, Amateur. Der Trainer und Manager Michael Meier haben die Konzentration auf die hauseigene Jugend (Meier: „Juwelen“) als Idee ausgegeben. Schade nur, daß die dazugehörigen Offensivspieler Tanko und Ricken auch langzeitverletzt sind. Aber, meint Meier, „irgendwann muß das Dilemma beendet sein.“ Vielleicht betet er auch schon darum.

Der Sportdirektor verkneift sich jeden Kommentar. Ottmar Hitzfeld ist unter anderem auch deshalb nicht mehr Dortmunds Trainer, weil er auf hochklassige Neuverpflichtungen gedrängt hatte. Jetzt reist er durch Europa und guckt sich an, was so los ist. Hitzfeld weiß, was auch der Manager weiß und jedermann. Und weil Nevio Scala sich nach der dritten Heim-Niederlage der Saison gerade wieder in seiner Endlosschleife „bin stolz auf meine Jungs“ verhaspelte, sprang ihm Kollege Giovanni Trapattoni bei: „Große Spieler werden jetzt nicht verkauft.“ Anders gesagt: Mitten in der Saison würde der Versuch, das Gegenteil zu beweisen, ziemlich teuer.

Weiß wie gesagt auch Michael Meier. Aber es wäre Selbstkritik, darüber öffentlich zu lamentieren. Deshalb behauptete er nach der Niederlage, Dortmund habe gegen Bayern, „guten Fußball gespielt, bis auf fünf Minuten“. Klar, es hätte das Wunder geschehen können, daß Gambo nach einer halben Stunde die Vorlage durch schöne Möller- Sousa-Kombination verwandelt statt vergeben hätte. Das wäre also noch vor jenen fünf Minuten gewesen, in denen Bayern gewohnt feurig das Spiel entschied. Dann hätte ein Amateur-Debütant womöglich den Null-Punkte-Abstand des Tabellendreizehnten zum -siebzehnten vergrößert. Auf einen Punkt zum Beispiel.

Auch Nevio Scala sieht keine Planungsfehler, er will keine neuen Spieler. „Ich arbeite mit jungen Leuten. Wir müssen an die Zukunft denken.“ Nach einer Stunde Gegenwart wurde Gambo gegen Christian Timm ausgewechselt, der ins rechte Mittelfeld ging, damit Jovan Kirovski ins Sturmzentrum umziehen konnte. Das war die Variante für die Schlußoffensive des ruhmreichen BVB gegen den Rekordmeister: ein 18jähriger original BVB-A-Jugendlicher supportet eine 21jährige US- amerikanische Hoffnung.

Scala sagt: „Niederlagen sind kein Problem.“ Sehr konsequent. Vielleicht ist er mit dieser Idee aber beim falschen Verein, sicher in der falschen Liga. Letzteres könnte sich, wenn all die BVB-Gewaltigen ihre stoische Haltung behalten, bald ändern. Katrin Weber-Klüver

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