Bundesliga im Wettbüro: Bayern entsetzen Zocker
Der FC Bayern München war des Glückspielers Freund - bis Samstagnachmittag, als das Team 1:3 gegen Meister Stuttgart unterlag.
BERLIN taz Der Geist von Rummenigge - auch ein Wettbüro in Berlin-Neukölln scheint er erreicht zu haben an diesem Bundesliga-Samstag. Das Gepoltere des Bayern-Obersten ob der sonst hochgelobten (weil erfolgreichen) Hitzfeldschen Rotation ist auch während der Partie in Stuttgart Thema Nummer eins. "Wieso spielt denn der Klose nicht von Anfang an?", hallt es durch den Raum, der gefüllt ist mit Wettenthusiasten wie Fußballfans.
So überrascht es auch niemanden, als der Führungstreffer für den Meister fällt. "Ich habs doch gewusst", beteuert einer voller Inbrunst. Trotzdem hat er auf den FC Bayern gesetzt - und wird vom 2:0 durch Bastürk kaum mehr verblüfft. So sehr der Rekordmeister im bisherigen Saisonverlauf eine sichere Bank im Wettgeschäft war, so sehr ist diese Sicherheit in ein leicht spöttisches Echo umgeschlagen. "Mal ehrlich: Einen richtig starken Gegner hatten die doch noch nicht," erkennt einer plötzlich. Als das 3:0 durch Gomez fällt - wir schreiben, wohlgemerkt, erst die 42. Minute - zerreißen die ersten Wettfreunde bereits ihre Scheine. Trotzdem sieht man dem Rekordmeister auch in der zweiten Hälfte bei der fortlaufenden Selbstdemontage zu.
Ergebnis: 3:1
VfB Stuttgart: Schäfer - Tasci, Fernando Meira, Delpierre, Magnin - Pardo - Hilbert, Hitzlsperger - Bastürk (46. Khedira) - Gomez (80. Beck), Cacau (74. Marica)
Bayern München: Kahn - Lell (46. Schweinsteiger), Lucio, Demichelis, Lahm - Altintop, Zé Roberto - Ribéry, Kroos (72. van Buyten) - Toni, Podolski (46. Klose)
Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne)
Zuschauer: 55 000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Gomez (10.), 2:0 Bastürk (30.), 3:0 Gomez (42.), 3:1 Toni (86.)
Gelbe Karten: Schäfer (2), Tasci (4), Pardo (3), Cacau (2) / Ribéry (1), Schweinsteiger (4), Podolski (1)
Rote Karten: Lucio (70./Tätlichkeit)
Beste Spieler: Fernando Meira, Hitzlsperger, Gomez / Toni
Die restlichen Spiele, immerhin Duelle wie Schalke gegen HSV, interessieren nur am Rande. So erregt sogar mehr Aufmerksamkeit, dass Lucio, vor kurzem noch "1+ mit Sternchen" (Hoeneß) gar nicht klassenprimuswürdig den Stuttgarter Magnin mit seinem Ellenbogen bekannt macht. Den Bayern zuzusehen ist immer schön. Darin höchstens übertroffen von den Toren des Bremers Diego, der wieder einmal die Bälle so ansehnlich im Karlsruher Tor unterzubringen versteht, dass in diesen Momenten der hohen Fußballkunst jedem, aber wirklich jedem im Raum klar ist, wer statt der plötzlich abstiegsgefährdeten Bayern Meister wird.
Einzig als Luca Toni nach Kloses Pfostenschuss den Ehrentreffer für die später medial schwer abgestraften Münchner erzielt, kommt noch einmal etwas Leidenschaft unter den Glücksrittern auf. "Hätte der Klose mal lieber von Anfang an gespielt", gibt der Fan von oben zu bedenken ob eines möglicherweise anderen Spielverlaufs. Einem anderen ist der Wettverlust völlig egal - er trauert über 90 Minuten Bundesliga eines längst vergangenen Spiels wegen: "8:0. So kann man doch nicht verlieren", hat der etwas übergewichtige Mann die Champions-League-Pleite seines Klubs Besiktas beim FC Liverpool immer noch nicht verdaut. Und erinnert damit an 24 Bayern-Pflichtspiele ohne Niederlage vor diesem unsäglichen Samstag.
Wie klein so manches doch in größerem Kontext erscheint.
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