Bundesliga-Halbzeit: Wolfsburg dichtmachen, Magath an die Spree
Das war die Hinrunde: Superbayern nicht mehr super, Cottbus feuert den Trainer und Bremen schießt sich warm. Alle sind ruhebedürftig, nur nicht King Kahn.
Alles fängt damit an, dass alles klar ist. Die Saison hat noch nicht begonnen, da ist sie schon die "Fernglas"-Spielzeit. Ausgerufen von Uli Hoeneß. Das Volk, also alle außer der Bayern-Elite, soll fortan von fern zu den neuen Superstars aufschauen. Die Sache geht gut los für die Elitären. Und hält zunächst so lange wie langfristige Aufschwungprognosen renommierter Wirtschaftsinstitute. Genauer gesagt: ganze drei Spieltage.
Im Schatten der Superbayern beginnt der bei den Elitären als zu leicht befundene Felix Magath ein Zwergenimperium zu errichten (es wird recht klein bleiben); und Rafael van der Vaart, der Gott von Hamburg, lässt sich mit einem Valencia-Trikot ablichten. Der Rafi bleibt dann doch, und schwups spielt der HSV 1:1 gegen Bayern. Rafi muss nicht mal selbst ran.
Nach einer Länderspielpause - wieder Hammervorstellungen der Löwianer, dieses Mal gegen die Giganten Wales und Rumänien - spielt Bayern wieder 1:1. Nun gegen Schalke. Es werden Zweifel an Kahns Kompetenz in seiner Kerndisziplin Torhüterei laut. Nicht zum letzten Mal. Dann geht alles so seinen Bundesligagang. Beim Abstiegskandidaten Nummer eins, Cottbus, wird der Trainer gefeuert, bei den Elitären ein Jungstar namens Kroos gehypt. Die Elitären kommen wieder in Fahrt, ein Traumspiel nach dem anderen. Jeder Depp beherrscht nun die französische Aussprache von Franck.
Derweil erwähnt sein muss, dass Titelverteidiger Stuttgart schon seit Saisonbeginn ein Bild des Jammers abgibt, dafür aber Bremen sich endlich warmschießt. 8:1 gegen Bielefeld, für Arminia folgen weitere Debakel, der unglaublich sympathische Trainer Middendorp muss Anfang Dezember gehen.
Besser hat es Jogi Löw. Dessen Wundertruppe liefert zwar ein mäßiges Spiel gegen Irland und ein richtig mieses gegen Tschechien, aber Löws Vertrag wird flugs verlängert. Wegen der Perspektive. Perspektive. War da nicht was? Ach ja, die Fernglas-Elite unter Trainer Hitzfeld. Auch schon wieder vorbei. Nach 0:0 in Dortmund und gegen Eintracht Frankfurt verliert Bayern bei den erholten Stuttgartern. Da meckert Rummenigge über Hitzfelds Rotation, Hoeneß beschimpft zur Ablenkung oder wegen inneren Überdrucks auf der Jahreshauptversammlung die Fans. Irgendwie hält er sie für undankbar.
Die Nationalmannschaft fängt sich und schlägt im November sagenhafterweise Zypern 4:0. Der wunderbare Poldi Podolski darf anders als bei Bayern mitspielen, mit Erfolg. Und gut, das 0:0 gegen Wales ist nicht toll, aber perspektivisch: Es beschert Deutschland die leichteste EM-Gruppe der Welt.
Die folgenden Dezemberspieltage sind mau. Bremen verliert in Hannover, während der HSV und Bayern allen Ernstes gegen die Abstiegsfavoriten Cottbus und Duisburg 0:0 spielen. Überall ist die Luft raus. Überall? Nicht bei King Kahn. Der Extitan macht seinem Ärger über die lau gewordene Elite-Truppe Luft und schwänzt seine eigene Rede auf der Weihnachtsfeier. Dafür darf er sich nun nicht in Berlin von seinen Fans verabschieden.
Berlin? Ach ja, die Hertha. Das Erneuerungsmodell mit Lucien Favre, dem großäugigen Trainer mit dem charmant französischen Deutsch, also, es hat noch nicht richtig geklappt. Aber bald. Ganz sicher. Die Alternative: Wolfsburg dichtmachen, Magath an die Spree. Damit würde sich eine Menge von selbst erledigen. Aber, warten wir mal ab, was die Rückrunde bringt.
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