piwik no script img

Bundesländer für VetorechtHannover und Kiel vor CCS-Verbot

Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen verbieten, dass Kohlendioxid unterirdisch gespeichert werden kann. Schwarz-Gelb ist offenbar zu Zugeständnissen bereit.

Vattenfall-CCS-Versuchsanlage "Schwarze Pumpe" in Spremberg. Bild: dpa

BERLIN taz | Offenbar gibt es hinter den Kulissen eine Einigung, unter welchen Bedingungen in Deutschland künftig Kohlendioxid unterirdisch gespeichert werden kann – nämlich: nicht so einfach. Niedersachsen und Schleswig-Holstein fordern das Recht, das sogenannte CCS auf ihrem Territorium verbieten zu können.

CCS ist die Abkürzung für Carbon Dioxide Capture and Storage und bedeutet, dass Klimagase, vor allem aus Kohlekraftwerken, in großen Mengen abgetrennt und in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden. Die Bundesregierung hofft, damit ihre CO2-Minderungsziele erreichen zu können. Kritiker haben Bedenken, ob die Speicherung dauerhaft sicher ist. Deshalb ist CCS umstritten.

Der Bund bot den Ländern nun an, bestimmte Gebiete als potenzielle Speicher ausschließen zu dürfen. Schleswig-Holstein genüge der bisherige Entwurf aber nicht, sagte der dortige Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) der taz. "Es geht mir darum, dass die Länder nicht nur mitbestimmen, sondern eine CO2-Einlagerung ausschließen können." Das hätten Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und sein Umweltkollege Norbert Röttgen (CDU) versprochen.

Die Bundesregierung muss bis Juni eine EU-Richtlinie zur CO2-Speicherung aus dem Jahr 2009 umsetzen. Diese sieht für die Mitgliedstaaten ausdrücklich das Recht vor, "die Speicherung in ihrem gesamten Hoheitsgebiet oder Teilen davon zu untersagen". In Deutschland war bereits 2009 ein Entwurf am Widerstand der Länder gescheitert.

Über 408 mögliche Gebiete hat das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe dafür bisher identifiziert, im März soll eine vollständige Karte folgen. Die meisten potenziellen Lagerstätten liegen in Norddeutschland. Sollte etwa Niedersachsen die Technik generell verbieten, wäre CCS in Deutschland kaum mehr umzusetzen.

Bereits heute haben sich Bürgerinitiativen gegen Pilotprojekte gebildet. Vattenfall etwa erprobt die CCS-Technik seit 2008 in Brandenburg und plant für 1,2 Milliarden Euro eine große Anlage am Kraftwerk Jänschwalde. Brandenburg will eine Ausstiegsklausel für die Bundesländer verhindern, weil es fürchtet, dass weitere Tests allein auf seinem Territorium stattfinden. Das CCS-Gesetz sieht zwei bis drei weitere Testanlagen bis 2017 vor.

Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister Brüderle bezeichnen CCS als "Zukunftstechnologie". Die EU dagegen spricht von einer Brückentechnologie, die nicht als Anreiz dienen soll, den Anteil konventioneller Kraftwerken zu steigern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • C
    cccdd

    Lieber Matthias,

     

    Herr Tietgen hat Recht: das CO2 MUSS irgendwo bleiben! Denn Fakt ist (leider): wir werden vorübergehend (und damit meine ich mehrere Jahrzehnte!!!) nicht genügend Kapazität haben, um unseren Strombedarf anderweitig zu decken, wenn nicht durch Kohlekraftwerke. Denn die Atomkraftwerke (die einen großen Teil des Bedarfs abdecken) werden ja noch zusätzlich abgeschafft (nicht dass sie mich falsch verstehen: das finde ich gut!).

    Die einzige Alternative unter dem Druck, der durch das Abschaffen der Atomreaktortechnologie entsteht, wäre es, den Stromverbrauch des ganzen Landes DRASTISCH zu senken. Und da ist es nicht damit getan, einfach hier oder da mal auf den Wäschetrockner oder Fön zu verzichten! Elektrolokomotiven, wichtige Industriezweige und vieles mehr sind von riesigen Strommengen abhängig! Auch wenn Sie es nicht glauben wollen: es ist vollkommen illusorisch, diesen Bedarf kurzfristig mit anderen Alternativen, die Ihnen vielleicht vorschweben (Wind, Wasser, Gezeiten, vielleicht noch ein wenig Solar...), zu decken.

    CCS erscheint gar nicht so unsinnig unter diesem Gesichtspunkt. Wobei klar sein muss, dass es nur eine Zwischenlösung sein darf (das ist natürlich die Gefahr!). Aber das Problem ist, dass die meisten Menschen einfach nicht die enorme Lücke sehen, die durch die Abschaffung der Kernenergie zusätzlich geschaffen wird. Wie gesagt, ich denke, dass wir um CCS nicht herumkommen!

  • M
    MattF

    Nein, es muss nirgends bleiben, man muss CO2 vermeiden und es nicht, mit wiederum riesigem Energieaufwand in den Boden pressen.

     

    Diese Technik ist eine Totgeburt.

     

    MfG

    Matthias

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Das ist doch unsolidarisch. Irgendwo muss es ja bleiben.