Bulgarien vor Neuwahlen: Schon wieder an die Urne?
Nach zwei Anläufen gibt es immer noch keine Regierung. Scheitert auch der dritte Versuch, sind die Wähler*innen erneut zur Abstimmung aufgerufen.
![Mann, im Hintergund Sitzreihen Mann, im Hintergund Sitzreihen](https://taz.de/picture/7142317/14/357233211-1.jpeg)
Doch das scheint auch dieses Mal nicht so einfach zu sein. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 9. Juni 2024, den sechsten (!) innerhalb von drei Jahren, war die konservative Partei Bürger*innen für eine europäische Entwicklung Bulgarien (GERB) des langjährigen Regierungschefs Bojko Borissow mit 24,7 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden.
Doch Borissow gelang es nicht, eine tragfähige Regierung zusammenzuzimmern. Ein potenzieller Koalitionspartner, die zweitplazierte Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), vor allem eine Interessenvertretung der türkischen Minderheit, steckt derzeit in einer veritablen Führungskrise und ist gerade erfolgreich dabei, sich zu zerlegen.
Der Staffelstab wurde an das Bündnis Wir setzen die Veränderungen fort (PP)/Demokratisches Bulgarien (DB) weitergereicht, das an der letzten Regierung beteiligt war. Doch auch diese Bemühungen endeten in einer Sackgasse. Es müssten jetzt alle Anstrengungen unternommen werden, um die Pattsituation mit den nächsten Wahlen zu beenden, sagte Borissow dazu am vergangenen Wochenende. „Für weitere Experimente haben wir keine Zeit.“
Zum Scheitern verurteilt
Doch gemäß der Verfassung muss Bulgariens Präsident Rumen Radew jetzt in einem ultimativen dritten Versuch einer weiteren Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Aber auch dieser dürfte zum Scheitern verurteilt sein. Denn dafür infrage kämen eigentlich nur die Sozialisten (7,1 Prozent) oder die populistische Partei So ein Volk gibt es (ITN, 6 Prozent). Doch auch mit diesen beiden Gruppierungen ist keine Regierung, geschweige denn ein Staat zu machen.
Apropos Rumen Radew: Dieser Tage sorgt das Staatsoberhaupt, seit 2017 im Amt, wieder einmal für Schlagzeilen. Der russophile Präsident trägt gerade einen handfesten Streit mit der Übergangsregierung aus. Die möchte den Botschafterposten in der Ukraine für eine begrenzte Zeit mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew besetzen. Sofia hatte seinen Vertreter kurz nach Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 aus Kyjiw abgezogen.
Doch Radew stellt sich quer. Nentschew verfüge nicht über die notwendigen Qualifikationen, sagte er kürzlich. Der wahre Grund für das Störfeuer ist wohl eher, dass Nentschew für eine Unterstützung der Ukraine eintritt. Ganz im Gegensatz zu Radew. Im Juli war der Präsident demonstrativ dem Nato-Gipfel in Washington ferngeblieben. Als Grund hatte er Differenzen mit der Regierung aufgrund Finanzhilfen für die Ukraine genannt. Diese seien mit ihm nicht abgesprochen worden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen