Bürgervorschläge für Berlins Spreepark: Esel, Kräuter, Badestelle und Karussell
So viele Ideen: Beim ersten Bürgerdialog stellten 800 Menschen Wünsche für das verwilderte Gelände im Plänterwald vor. Im Herbst wird weiterdiskutiert.
Rund 800 Menschen drängen sich am Freitagabend in der Werkstatthalle des ehemaligen Spreeparks im Plänterwald: Senioren sitzen neben Studenten, Künstler neben Umweltbewegten, Anwohner neben Menschen, die den Weg zum Park nur mit viel Mühe finden konnten. Willkommen zum ersten Berliner Dialogforum zur Entwicklung des Spreeparks.
Eingeladen hatte die landeseigene Grün Berlin GmbH, die das Areal nach dem Rückkauf durch das Land Berlin betreiben wird. „Stadtentwicklung von unten“ nennt der zuständige Senator Andreas Geisel (SPD), was hier stattfindet und was Studierende und Wissenschaftler der Freien Universität (FU) um Klaus Siebenhaar initiiert haben. Bürger können ihre Ideen zur Entwicklung des seit 2001 verlassenen Parks im Bezirk Treptow-Köpenick einbringen.
Kein Kommerz gewünscht
Die Vorgaben des Senats sind eindeutig: Ein kommerzieller Ort soll der Spreepark nicht werden. Wohnungen werden mitten in dem innenstadtnahen Waldgebiet auch nicht entstehen. „Berlin braucht als spannende Stadt Orte für Erholung, Natur und Kreativität wie diesen“, sagt Geisel. Und Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) bekommt viel Beifall, als er seine Vision vorträgt: „Hier soll nicht wieder ein Rummel für eine Million Besucher entstehen, sondern eine innerstädtische grüne Oase für Familien und Künstler. Die Besucher sollen auch nicht zu Tausenden mit dem Auto anreisen.“
Das würden vielen Bürger in der Halle unterstützen: Mehr als 100 Fahrräder parkten während der Veranstaltung vor dem Areal. Die Forderung des einstigen Betreibers Norbert Witte, mehr Parkplätze für Autos im Wald zu errichten, damit sein Park wirtschaftlich arbeiten kann, gehört damit wohl der Geschichte an. Die neuen Spreeparkfans sind keine Autolobby.
Davon zeugten auch die Vorschläge, die die Besucher an drei Pinnwände in der Werkstatthalle schrieben. Vor allem wollen sie an dem verwunschenen Ort Natur erleben. „Der Natur Raum lassen“ stand dort neben Wünschen nach „essbaren Pflanzen und Kräutern“, einer Eselfarm oder fahrradfreundlichen Zufahrtswegen. Und warum soll das Areal nicht vom anderen Spreeufer aus erschlossen werden und eine BVG-Fähre über das Wasser führen?
Ein sehr häufig geäußerter Wunsch war eine Badestelle an der Spree, mit feinem Sandstrand und schattenspendenden Bäumen, mit einer Kanuanlegestelle, Wassersport und einer Eisbahn im Winter. Auch Gastronomie soll es nach den Wünschen der Bürger geben, am liebsten vegetarische. Andere Besucher wünschen sich Kulturangebote wie etwa ein Sommertheater unterm Riesenrad, Konzerte in der Natur, Atelierhütten, einen interreligiösen Tempel, einen Weihnachtsmarkt oder einfach nur eine riesige Hüpfburg und Spielplätze.
Riesenrad erhalten
Und wie soll mit der Geschichte des Spreeparks umgegangen werden? Klar, dass die Bürger das Riesenrad als weit sichtbares Symbol erhalten wollen. Das hält Andreas Geisel für machbar. Aber auch Vorschläge zu einem Museum zur Geschichte des Parks und zur Wiederbelebung der Parkeisenbahn und des Tassenkarussells oder einfach nur die „Erhaltung des Flairs alter Fahrgeschäfte“ standen an den Pinnwänden.
Die vielen Ideen wurden bereits während der Veranstaltung von FU-Studierenden nach Inhalten sortiert. Sie helfen bei der weiteren Aufbereitung und der „Stadtentwicklung von unten“. Nach den Wahlen im September steht ein zweites Dialogforum im Spreepark an.
Nicht jeder Vorschlag wird sich jedoch realisieren lassen. So steht beispielsweise der häufig geäußerte Wunsch nach einem Hundeauslaufgebiet im Widerspruch zur Forderung anderer Bürger nach einer hundefreien Zone. Und Konzerte, die sich die jungen Hippen wünschen, fänden die Anwohner auf beiden Seiten der Spree nicht so toll. Sie wollen nicht ständig mit Lärm beschallt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation