Bürgerkrieg in Syrien: Sicherheitsrat berät weiter
Nach dem Anschlag in Damaskus, bei dem drei Regimegrößen starben, berät der UN-Sicherheitsrat über eine neue Resolution. In der Nacht sind die Kämpfe in Damaskus weitergegangen.
NEW YORK/DAMASKUS dpa | Stunden vor der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats über eine neue Syrien-Resolution hat Generalsekretär Ban Ki Moon das Sprengstoff-Attentat mit mindestens drei toten Regimegrößen in Damaskus scharf verurteilt. Nach Angaben seines Sprechers in New York rief Ban alle Konfliktparteien dazu auf, Waffengewalt in jeglicher Form zu beenden und den Friedensplan des UN-Vermittlers Kofi Annan umzusetzen.
Annan sagte, der Anschlag mache nur noch deutlicher, dass der Sicherheitsrat dringend und bestimmt handeln müsse. Er habe mit einigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gesprochen und sie aufgefordert, gemeinsam eine Entscheidung zu treffen, die ein Ende des Blutvergießens in Syrien und Impulse für einen politischen Wandel ermögliche, so Annan laut Mitteilung.
Auch Ban forderte, der Sicherheitsrat müsse "Verantwortung übernehmen und gemeinsam handeln". Die westlichen Länder hatten am Mittwoch eine Verschiebung der Abstimmung über eine neue Resolution beantragt, um so Spielraum für neue Verhandlungen zu schaffen. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass Russland zum dritten Mal mit seinem Veto eine Syrien-Resolution blockiert.
Die westlichen Länder wollen Syrien mit Wirtschaftssanktionen drohen, wenn die seit 16 Monaten andauernde Gewalt nicht aufhört. Moskau lehnt jeden Druck auf Damaskus ab. Als ständige Mitglieder haben Russland und China die Möglichkeit, mit ihrem Veto jede noch so deutliche Mehrheit zu überstimmen.
Obama und Putin uneins
Die USA hatten mit Vermittlungsbemühungen kein Erfolg. In einem Telefonat des US-Präsidenten Barack Obama mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin hätten beide lediglich „die Differenzen ihrer Regierungen über Syrien“ anerkannt, teilte das Weiße Haus am Mittwoch in Washington mit. Zugleich seien sie sich aber einig, weiterhin an einer Lösung zu arbeiten. Man unterstütze einen raschen politischen Übergang, um ein Ende der Gewalt zu erreichen.
Zuvor hatte der Sprecher im Weißen Haus, Jay Carney, erklärt, dass Machthaber Baschar al-Assad die Kontrolle über sein Land verliere. Das beweise die jüngste Eskalation der Gewalt in Syrien.
Ein Bombenattentat in Damaskus hatte am Mittwoch das Assad-Regime erschüttert. Mindestens drei wichtige Stützen von Syriens Präsident Baschar al-Assad wurden getötet und etliche weitere verletzt. Die Freie Syrische Armee bekannte sich zu der Tat.
Kämpfe werden heftiger
In der Nacht zum Donnerstag gingen die Kämpfe in der syrischen Hauptstadt weiter. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, bei einem nächtlichen Telefongespräch mit einer Bewohnerin sei der Beschuss deutlich zu hören gewesen. Ein Oppositioneller erklärte in der Nacht, das Regime setze Hubschrauber im Kampf gegen Aufständische ein. Auch im Internet berichteten Oppositionelle von Gefechten in Damaskus.
Auch die Gewalt in vielen Provinzen des Landes hat zugenommen. Am Donnerstag starben bis zum Vormittag nach Angaben von Aktivisten 13 Menschen.
Über die Zahl der zivilen und militärischen Opfer in ganz Syrien am Mittwoch gingen die Angaben zum Teil weit auseinander. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter sprach von 130 Toten, darunter 52 Soldaten der Regierungstruppen.
Die Allgemeine Kommission für die Syrische Revolution zählte mehr als 200 Opfer. Die meisten Menschen sollen bei einem Angriff der Regierungstruppen in dem Damaszener Viertel Sajjida Seinab ums Leben gekommen sein. Am Donnerstag sei nach Gefechten auf den Feldern, die an das Viertel Al-Messe in Damaskus anschließen, eine große Zahl von Zivilisten geflüchtet, hieß es.
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