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Bürgerkrieg in SyrienBeim Barte der Soldaten

Rebellen nehmen 48 Iraner als Geiseln. Es sollen Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden sein, die Assad stützen. Damaszener Aktivisten fliehen unterdessen nach Beirut.

Blutige Kämpfe: Rebellen der Freien Syrischen Armee bergen einen Verletzten in Aleppo. Bild: reuters

BEIRUT taz | Die Al-Barra-Brigade der Freien Syrischen Armee (FSA) hat bekannt gegeben, sie habe iranische Milizionäre verschleppt. Die Rebellenorganisation veröffentlichte ein Video im Internet, in dem erklärt wird, dass die 48 am Samstag in Syrien entführten Iraner keine Pilger, sondern zum Teil Angehörige der Revolutionsgarden seien.

Die Beteiligung dieser Eliteeinheit im syrischen Konflikt wird bereits seit Anfang der bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien vermutet. Immer wieder berichteten syrische Aktivisten von bärtigen Kämpfern in den Reihen der regulären syrischen Armee, die kein Arabisch sprachen.

Syrischen Soldaten im Staatsdienst ist das Barttragen streng untersagt. In dem Video warnten die Entführer Teheran vor weiterer Einmischung in den Konflikt und kündigten neue Entführungen an. „Das Schicksal aller Iraner in Syrien wird ein ähnliches sein und in Gefangenschaft oder Tod enden“, erklärte der bärtige Kommandeur der Al-Barra-Brigade.

Angeblich wurde auch eine Lizenz zum Tragen von Waffen bei den Entführten gefunden. Sollte dies zutreffen, wäre eine Einmischung Teherans erstmals verifiziert. Zu überprüfen waren die Angaben nicht.

Aktivsten verlassen die syrische Hauptstadt

Während die Kämpfe in verschiedenen Teilen und Städten des Landes, vor allem in Aleppo, anhalten, verlassen immer mehr Damaszener Internetaktivisten die syrische Hauptstadt. Eine abgemagerte junge Frau in bescheidener Kleidung, blass und mit dunklen Ringen um die Augen, aber voller Engagement für zumindest den Versuch, die Wahrheit in ihrem Land aufzudecken, sagte gegenüber der taz in Beirut: „Wir haben ohne Wasser gelebt, ohne Brot – aber nun ist das Internet gekappt, und wir wussten: Das ist der Zeitpunkt für uns, wegzulaufen.“

Die Google Map, auf der die Lokalen Koordinationskomitees sichere („befreite“) Straßenzüge und noch nicht verminte Fluchtwege aus dem Land heraus zeigten und die minütlich aktualisiert wird, war für sie nicht mehr erreichbar, und ihre Videos waren nicht mehr hochladbar.

„Das ist dann das Ende meiner Heimat, in der seit 8.000 Jahren Menschen lebten, Christen und Muslime. Ich nahm, was mir am liebsten war, was soll’s, Schluss mit Syrien. Alles wird jetzt al-Qaida, und die Amis werden bombardieren“, prognostizierte die normalerweise sehr gut informierte Aktivistin.

Unterdessen kommt es auch zu immer mehr Kämpfen zwischen der Armee des syrischen Regimes an den Grenzen zu Libanon, wo die Rebellen in Dörfern der Region Unterschlupf gefunden haben. Die größtenteils christlichen Bewohner einiger Grenzdörfer im Norden haben bereits ihre Häuser verlassen und sind auf dem Weg zu Verwandten im Inland oder nach Frankreich, um den Erinnerungen an den libanesischen Bürgerkrieg zu entfliehen.

Auf den von Israel besetzten wasserreichen Golanhöhen schoss unterdessen ein israelischer Soldat und verwundete einen Syrer, der versuchte, den massiv verstärkten israelischen Grenzzaun mit einem Drahtschneider zu zerstören.

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5 Kommentare

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  • S
    simon23

    Die anderen Medien haben zumindest noch in den Vordergrund gestellt, das die teilweise etwas alten und korpulenten Männer vielleicht doch Pilger sind.

    Aber die TAZ hat das nicht nötig, sondern will nur eine Einmischung Irans sehen. Wobei sogar die Entführer von einzelnen Männern reden, nicht von der ganzen Gruppe. Ich hatte euch mal abboniert...

  • A
    Ant-iPod

    @Biber:

     

    Ich würde mich über eine Quelle für Ihr Statement:

    "(Man muss wissen Assad geniesst immernoch über 60% Unterstützung der Syrer)"

     

    sehr freuen.

     

    Vielen Dank im Voraus.

  • B
    biber

    ...unglaublich was die TAZ hier in Sachen Syrien veranstalltet. Parallel zu Al-Djazeera und Al-Arabia macht auch Al-Taz ganz schön Stimmung gegen das syr. Volk und für die FSA-Terroristen.(Man muss wissen Assad geniesst immernoch über 60% Unterstützung der Syrer).

    Kolomnisten die in Stundentakt Beitärge, pro Zeile 5 Cent, schreiben und immerwieder tauchen neue Kolomnisten auf. Ich wusste gar nicht, dass in Dt. soviele arbeitslose Journalisten gibt, die darauf warten gegen ein Abendmahl billige Geschichte zu fabriezieren.

    Erhlich gasagt ich bin sehr skeptisch über Dasein dieser angeblichen Journalisten. Zumal so Dumm und Unqualifiziert.

    Man kann sich doch die Frage stellen, wenn die Iraner ihre Millitär nach Syrien zu schicken um dem Assad Beihilfe zu leisten, erstens sind sie so schlau, dass sie sich vorher rasieren damit sie nicht auffallen und zweitens weis jeder, dass diese sog. Elite der Iraner perfekt arabisch sprechen.

    Eifach Al-Taz passt der TAZ besser!!!

  • AF
    alfred frost

    PS. Was diese syrischen "Freiheitskämpfer" hier von den Iranern behaupten, glaube ich mittlerweile genauso wenig wie alles andere, was dieses Pack mit Unterstützung des amerikanischen, aber auch anderer westlicher bzw. NATO-Geheimdienste (Türkei!) bislang so alles an Propaganda fabriziert hat.

     

    Ist doch klar, dass nicht nur diese Al-Qaida-Terroristen, sondern vor allem auch die USA um jeden Preis verhindern wollen, dass sich der Iran zugunsten der syrischen Regierung einmischt. Und diese Entführungsaktion-cum-Lügengeschichte bedeutet einen Warnschuss, sollte der Iran mit dem Gedanken spielen.

     

    (Was jeder vernünftige Mensch im Iran vermutlich tun würde: denn das Ende des Syrien-Kriegs wird den Anfang des Iran-Kriegs bedeuten. Ich kann nur hoffen, dass die Russen dem Iran dann mehr helfen werden als diesmal Syrien!)

     

    In Washington will man wohl keine Risiken eingehen, denn wie sagte doch General Patton 1944: "Wir können diesen Krieg immer noch verlieren."

     

    Aber in zweierlei Hinsicht ist er schon längst verloren: zum einen vom syrischen Volk, das nun aus einer Diktatur "gerettet" und dafür in einen irak-ähnlichen Bürgerkrieg gestürzt wird; und zum anderen von der Integrität unserer eigenen Medien, sowie vom Vertrauen, das kritische Leser hierzulande in dieselbigen haben - auch in Eure Zeitung.

  • AF
    alfred frost

    "Alles wird jetzt al-Qaida, und die Amis werden bombardieren": liebe taz-Redaktion, für diese Prognose brauchtet Ihr nicht erst auf eine "normalerweise sehr gut informierte Aktivistin" warten.

     

    Das versucht Euch schon seit vielen Monaten auch die überwiegende Mehrheit der auf Euren Kommentarseiten schreibenden Leser klarzumachen - welche anschreiben gegen die ganz deutliche pro-westlich propagandistische Tendenz in Eurer Syrien-Berichterstattung.

     

    Mein Vorschlag: da die Amerikaner jetzt ja offenbar Erfolg damit haben, Syrien in einen weiteren Irak, in einen weiteren von Dauerterrorismus gezeichneten failed state mit einer Marionettenregierung von ihren Gnaden zu verwandeln; und nachdem ihr jetzt solange Eure staatsbürgerliche Pflicht erfüllt habt, unseren Syrienfeldzug propagandistisch zu unterstützen:

     

    Wäre es jetzt nicht endlich an der Zeit, wieder umzuschalten auf eine kritisch-distanzierte Berichterstattung? Sonst steht Ihr hinterher da und habt die Kurve nicht gekriegt, wenn die islamistischen Söldner des Westens in den Damaszener Minderheitenvierteln ihren grimmigen Karneval feiern. Wie es ja von vorneherein für jedermann, der es wollte, absehbar war. (Und wer mir jetzt dumm kommt und Besserwisserei vorhält, dem werde ich zwei Dutzend Links auf Kommentarseiten anderer taz-Artikel geben.)

     

    Wenn Ihr diesem Rat folgt, dann steht Ihr hinterher auch besser da, wenn Ihr behauptet, die Entwicklungen in Syrien von Anfang an mit "kritischer" Berichterstattung begleitet zu haben.

     

    Außerdem bin ich jetzt neugierig, was Ihr machen werdet, wenn der Syrien-Krieg seine logische Fortsetzung im Iran-Krieg findet. Dann werdet Ihr wohl auch erst mal zu den "oppositionellen Freiheitskämpfern" halten, bis das - wie jetzt in Syrien - unhaltbar geworden ist.