Bürgerkrieg in Libyen: Gaddafi-Getreue greifen Misurata an

Kampf um Misurata und Al-Sintan: Die Truppen des libyschen Machthabers Gaddafi greifen die Städte weiter an. Amerikanische und ägyptische Spezialeinheiten sollen Rebellen ausbilden.

Libysche Rebellen sollen von amerikanischen und ägyptischen Spezialeinheiten ausgebildet werden. Bild: reuters

TRIPOLIS / KAIRO dpa/afp | Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi haben am Sonntag die Angriffe auf die von ihnen belagerten Städte Misurata und Al-Sintan fortgesetzt. Bewohner beschrieben die Lage als dramatisch und verzweifelt. In Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, trafen Granaten ein Krankenhaus. Mehrere Freiwillige wurden verletzt, berichtete die Oppositionsgruppe "Feb17voices" über den Kurzmitteilungsdienst Twitter. In der drittgrößten Stadt des Landes herrsche ein Mangel an medizinischem Bedarf, hieß es weiter.

In Al-Sintan, 120 Kilometer südwestlich von Tripolis, habe der Artillerie-Beschuss durch Gaddafi-Truppen Häuser, Wasserwerke und E-Werke zerstört, sagte ein Sprecher der Regimegegner in der Stadt am Sonntag dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Im Osten setzten Aufständischen-Verbände ihre Bemühungen fort, die Gaddafi-Truppen aus dem Ölhafen Al-Brega zu verdrängen, berichtete der Sender.

Amerikanische und ägyptische Spezialeinheiten bilden nach einem Bericht Al-Dschasiras angeblich libysche Rebellen aus. Wie ein namentlich nicht genannter Informant aus den Reihen der Aufständischen einem Korrespondenten des Senders sagte, würden die Gegner des libyschen Diktators Gaddafi an einem geheimen Ort im Osten des Landes militärisch trainiert.

Der Osten des nordafrikanischen Staates ist in der Hand von Oppositionellen. Wie Al-Dschasira am Samstag weiter berichtete, hätten die Rebellen am Donnerstag im Schutze der Nacht eine Ladung von Katjuscha-Raketen aus Ägypten bekommen. Woher die Waffen genau stammten, sagte der Informant nicht. Sie seien jedoch auf dem neuesten Stand der Waffentechnik. Deshalb benötigten die Rebellen auch ausländische Ausbilder. Dafür seien vor Ort Mitglieder von amerikanischen und ägyptischen Spezialeinheiten. Eine unabhängige Bestätigung für diese Angaben gab es nicht.

Nato kündigt Überprüfung an

Die libysche Regierung zeigte sich nicht überrascht, berichtete die Al-Dschasira-Korrespondentin in Tripolis. Der US-Geheimdienst CIA sei verwickelt und auch die Regierung des Golfstaats Katar liefere Waffen und Ausrüstung für die Rebellen, behaupte das libysche Regime. Die Regierung Gaddafis sehe dieses Vorgehen nicht durch die UN-Resolution zur Durchsetzung einer Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung gedeckt.

Nato-Flugzeuge griffen in der Nacht zum Samstag irrtümlich erstmals auch Milizen der Regimegegner an. 13 Aufständische seien bei dem Bombardement zwischen Adschdabija und Al-Brega getötet worden, berichtete ein dpa-Korrespondent in Adschdabija unter Berufung auf Krankenhausärzte und Rebellen. Einer der Ärzte habe zudem elf Verletzte des Angriffs behandelt, wie er sagte.

Der Angriff auf den Fahrzeug-Konvoi der Rebellen in der Nacht zuvor wurde offenbar dadurch ausgelöst, dass unerfahrene Freiwilligen-Milizionäre aus Freude über das hörbare Nahen von Nato-Flugzeugen mit Flugabwehrkanonen in den Himmel geschossen hatten, erzählten Rebellen. Die Piloten des Nato-Geschwaders hatten keine Möglichkeit, dieses "Freudenfeuer" als "nicht feindlich" einzustufen. Ihren Einsatzregeln folgend, feuerten sie Luft-Boden-Raketen auf die aktive Geschützstellung ab.

Die Nato hat die Überprüfung von Vorwürfen zugesichert. "Informationen über zivile Opfer nehmen wir grundsätzlich ernst", sagte eine Sprecherin der Militärallianz am Samstag.

Rebellen erobern Al-Brega zurück

Nach heftigen Kämpfen eroberten die Aufständischen am Samstag nach eigenen Angaben den Großteil von Al-Brega, 80 Kilometer westlich von Adschdabija, zurück. Gaddafi-treue Truppen hätten sich auf dem Gelände der Universität verschanzt, sagten Rebellen in Adschdabija. Al-Brega war in den vergangenen Tagen stark umkämpft gewesen. Die Stadt hatte mehrfach den Besitzer gewechselt.

Nato-Flugzeuge bombardierten in der Nacht zum Samstag auch die Städte Al-Choms, 120 Kilometer östlich von Tripolis, und Ruhaibat, 180 Kilometer südwestlich von Tripolis, berichtete das staatliche libysche Fernsehen. Dabei seien "militärische und zivile Gebiete" getroffen worden, hieß es in dem Fernsehbericht.

An den ersten beiden Tage unter dem Kommando der Nato haben die internationalen Militärkräfte 148 Kampfeinsätze in Libyen geflogen. Diese Bilanz zog das Bündnis am Samstag in Brüssel. Die Nato hatte das Kommando am Donnerstag übernommen. An der Seeblockade im Mittelmeer zur Kontrolle des Waffenembargos sind den Angaben zufolge 21 Schiffe beteiligt. Sie hätten 30 Frachter und Tanker überprüft.

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