piwik no script img

Bündnis gegen RechtsFDP will sich Rechtsextremen nicht entgegenstellen

Am Samstag will ein breites Bündnis gegen einen Neonazi-Aufmarsch auf die Straße gehen - doch die FDP bleibt zu Hause.

Wenn am kommenden Wochenende Vertreter aus Parteien und Zivilgesellschaft gegen die NPD auf die Straße gehen, könnten die Anhänger zweier Parteien fehlen: Erstmals seit dem Einzug der NPD in die Bezirksverordnetenversammlungen von vier Berliner Bezirken im Jahre 2006 haben CDU und FPD den Aufruf für die die Gegendemonstration nicht unterzeichnet.

SPD und Linke in Treptow-Köpenick haben rund um den S-Bahnhof Schöneweide, wo die NPD-Kundgebung stattfinden soll, vorsorglich mehrere Kundgebungen und eine Demonstration angemeldet. Denn der genaue Ort des Aufmarsches der Rechtsextremen ist noch nicht bekannt. Auf rechten Internetseiten kursiert die Angabe "12 Uhr Berlin-Schöneweide". Die Polizei will diese Angabe jedoch weder bestätigen noch dementieren. Das Anti-NPD-Bündnis hält sich auch eine Verlegung der Kundgebung vor, wenn die NPD an einem anderen Ort aufmarschiert.

"Die Gegenveranstaltungen sollen in Sicht- und Hörweite zur NPD-Kundgebung stattfinden", sagt Hans Erxleben von der Linkspartei. "Das ist gute Tradition. Und darüber haben wir die Polizei auch informiert." Die Gegenkundgebung sowie eine Demonstration durch den braun geprägten Ortsteil Schöneweide sind von der Polizei bereits genehmigt. Neben SPD, Linken und Grünen im Abgeordnetenhaus rufen unter anderem führende Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Jüdischen Gemeinde, des Türkischen Bundes und weitere gesellschaftliche Gruppen zu den Protesten auf.

Dass die Unterschrift der CDU unter dem Aufruf zu den friedlichen Protesten fehlt, ist möglicherweise nur ein Versehen. CDU-Sprecherin Sandra Freudlsperger sagt der taz: "Ich versuche seit Freitag, der Sache auf den Grund zu gehen. Aber vermutlich ist die Mail der anderen Fraktionen ist bei uns gar nicht angekommen."

Kein Versehen liegt bei der FDP vor. "Wir müssen damit umgehen, dass auch Leute mit abwegigen Thesen von ihrer Meinungs- und Demonstrationsfreiheit Gebrauch machen", begründet ihr parlamentarischer Geschäftsführer Björn Jotzo die Zurückhaltung. "Durch solche Initiativen von parlamentarischer Seite bekommt die NPD mehr Aufmerksamkeit als ihr zusteht."

Jotzo hatte in der aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses zum 1. Mai mit Blick auf die Blockade der Nazi-Demo unter anderem durch den Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) und den Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux vom "Weg zur Meinungsdiktatur" gesprochen. Damals erklärte er: "Für uns Liberale ist Freiheit in einer demokratischen Ordnung auch die Freiheit des Andersdenkenden. Wer das nicht anerkennt, der sollte gegebenenfalls prüfen, ob er nicht auf der anderen Demo hätte mitmarschieren müssen." Gemeint war die Nazi-Demo. Jotzo damals weiter: "Leider sind solche Tendenzen bei den Grünen klar zu erkennen." Dafür wurde Jotzo vom Präsidium des Parlaments gerügt.

Die Grünen hatten der FDP damals die Zusammenarbeit für Jamaika-Initiativen aus der Opposition heraus aufgekündigt. Grünen-Sprecher Matthias Schröter zufolge habe sich Jotzo bis heute nicht öffentlich entschuldigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • TB
    Tobias Berten

    Die FDP Berlin hat selbst zu der Teilnahme an der Gegendemonstration gegen die NPD aufgerufen und wird am Samstag auch zahlreich vor Ort vertreten sein.

    Die Darstellung im Artikel ist leider sehr unvollständig und mißverständlich formuliert, und es wird ein falscher Eindruck erzeugt.

    es ist lediglich ein gemeinsamer Aufruf im Berliner Parlament von SPD / Linke / Grüne nicht rechtzeitig von der FDP-Fraktion mitunterzeichnet worden, von einer Nichtteilnahme bzw. angeblich falschen Toleranz kann nicht die Rede sein.

    Leider ist dieser Aufruf / Anlass parteipolitisch missbraucht worden, finde ich bei diesem Thema mehr als bedauerlich.

  • L
    Leser

    Wenn Sie richtig recherchiert hätten, hätten Sie festgestellt, dass bei der FDP nicht die AGH-Fraktion, aber sehr wohl die Landespartei zur Teilnahme an den Gegendemo aufgerufen haben.

     

    Nachzulesen hier:

    http://www.fdp-berlin.de/

  • M
    Matthias

    Hallo taz.

     

    Wie ich der Webseite der FDP entnehmen konnte. Ruft auch die FDP zur Demonstration gegen die Nazis auf.

  • E
    EnzoAduro

    Die "Bürgerlichen" gehen eigentlich nie demonstrieren. Abgesehen von Stuttgart 21 oder ausnahmsweise bei der FDP bei der Überwachung.

     

    Eigentlich muss man auch sagen das diese Demonstrationilitis auch eine volkswirtschaftlich sehr ineffiziente Form der Meinungsäußerung ist.

     

    Die Leute die am Wahlsonntag zu faul zum wählen sind, haben an den anderen Sonntagen genug muße um zu demonstrieren.

     

    Wozu eigentlich??

  • TJ
    Tobias Jacob Berten

    Die Behauptung im Artikel, die FDP Berlin würde nicht zu der Gegendemonstration aufrufen / teilnehmen ist schlichtweg falsch.

    siehe http://www.fdp-berlin.de/

     

    sie hat lediglich einen gemeinsamen Aufruf der Fraktionen von SPD / Grünen / Linkspartei im Berliner Parlament nicht mitunterzeichnet, und das lag an mangelhafter Kommunikation.

  • F
    F.M.

    KANT LESEN!!! Meinungen von anderen zu akzeptieren ist solange ok, wie jene ihrerseits bereit sind, anderes zu akzeptieren. Toleranz hört bei Intoleranz auf! Dem Andersdenkenden kann die Freiheit zum Andersdenken nur gewährt werden, wenn er auch anderen die Freiheit zum Andersdenken, Andershandeln, Anderssein usw. gewährt. Das aber tun die Nazis gerade nicht! Deshalb stehen sie außerhalb des demokratischen Konsenses! Weil sie Leute aus der Gesellschaft ausschließen wollen! Dafür gehören sie selbst ausgeschlossen! Es ist ein Baustein der Wehrhaften Demokratie, dass den Intoleranten mit Intoleranz entgegengetreten wird! Liebe FDP, viel Spaß auf der falschen Seite!

  • A
    Alois

    Haben CDU und FDP etwa erkannt, dass sie beim "Kampf gegen Rechts" bisher einer Schimäre nachgelaufen sind? Wollen sie vielleicht demnächst gegen Links demonstrieren?

  • F
    Florian

    Die FDP-Leute sind bestimmt alle bei der Anti-Atom-Demo ;-)