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Buddhisten suchen WirtschaftsethikGegen den Karma-Kapitalismus

Illusion, Gier und Hass in der Wirtschaft: Dagegen will die Deutsche Buddhisten Union angehen. Über das "Wie" debattierten ihre Mitglieder in Berlin.

Buddhisten in Thailand: Ihre deutschen Glaubenskollegen beraten über den Kapitalismus Bild: ap

BERLIN taz | Wer mehrheitlich rot-orange gekleidete Menschen im Lotussitz mit verklärtem Blick erwartet hatte, der wurde auf dem Jahreskongreß der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) in Berlin am vergangenen Wochenende enttäuscht. Bei den über 400 Teilnehmenden ging es unter dem Motto "Arbeit - Umwelt - Wirtschaft, verantwortlich handeln" relativ nüchtern zu.

Nur ab und an erklang ein Meditationsglöckchen, um die zahlreichen Diskussionen in den Workshops und Foren für eine Sammlung der Gedanken zu unterbrechen. Im Mittelpunkt standen wirtschaftsethische Debatten. Unumstrittener Star der Konferenz war der Buddhist und Wirtschaftswissenschaftler Karl-Heinz Brodbeck.

"Als ich vor 15 Jahren angefangen habe über buddhistische Wirtschaftsethik zu publizieren und den Begriff der Gier verwendet habe, da haben mich meine lieben Fachkollegen angeguckt, als käme ich vom Mars", erinnert sich Brodbeck. Die Wirtschaftswissenschaft sei die einzige Disziplin, die es seit Jahrzehnten schaffe, sich trotz dauernder Fehlschläge und Fehlprognosen immer wieder als objektiv darzustellen und damit einen erheblichen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Dieser Illusion müsse man sich entziehen.

Allerdings habe es der Buddhismus im Gegensatz etwa zum Islam oder der christlichen Tradition bis heute nicht geschafft, eine eigene Wirtschaftsethik zu entwickeln. Denn die Dharma-Tradition stamme aus einer Zeit, in der die moderne Form der Vergesellschaftung und der Geldwirtschaft gerade erst im Entstehen waren. Aufgabe heutiger Buddhisten müsse es daher sein, die drei Gifte in der Welt, Illusion, Gier und Hass, in der Wirtschaft zu erkennen und das Leid, das durch sie entstehe, zu vermindern, sagt Brodbeck.

Daher habe er auch kein Verständnis für den sogenannten Karma-Kapitalismus etwa des US-Wirtschaftsgurus Vilay Govindarajan. "Hier wird so getan, als sei Geld völlig neutral und nur ein Instrument. Du darfst nach Geld streben, aber du musst in deinem Streben nach Geld immer sofort für das Wohl des anderen bestrebt sein."

Das aber sei der fundamentale Denkfehler, denn Geld an sich trage schon ein Gewaltpotenzial in sich, das auch das Denken, Fühlen und Handeln des Menschen beeinflusse. Der Mensch werde durch Geld erst zum berechnenden Subjekt. Die Natur werde seit der Einführung des Geldes in seinem monetären Wert taxiert, wodurch systematische Ausbeutung erst denkbar wurde.

Als Buddhist könne man das Geld zwar nicht einfach abschaffen, doch es gebe vielfältige Möglichkeiten der Leidminderung: Ein geschwistlerlicher Umgang mit der Natur und den Tieren, Fairness und Mitgefühl, Verzicht auf maximale Rendite, Investition in Öko- und Ethikfonds, Mikrofinanzsysteme oder Regiowährungen zur Stützung der lokalen Wirtschaft seien mögliche Wege zu mehr Mitgefühl in den Wirtschaftskreisläufen.

Achtsame Wirtschaft nennt das der ehemalige Unternehmensberater Kai Romhardt, der einst im Springer-Konzern seine Karriere begann, bevor ihn ein Burn-out zum Umdenken zwang. "Wir sind die Wirtschaft", ist er überzeugt. Er ruft nicht zum Konsumverzicht auf, aber eben zum Überdenken der eigenen Motivation.

"Ich gehe über den Markt und freue mich über all die Dinge, die ich nicht brauche. Wenn immer mehr Leute Bewusstheit in ihre Handlungen hineinlegen, wird sich die Wirtschaft verändern."

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7 Kommentare

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  • JT
    Jan Thomas Otte

    Kam über Google zu diesem Beitrag. Gefällt mir gut! Ich finde aber auch wie Sven, dass man diesen noch etwas ausbauen könnte. In einem Gastbeitrag von Karriere-Einsichten zum Beispiel. Thema? Budda und Business: http://bit.ly/gmw73A

  • A
    Adriana

    Der Artikel ist leicht dürftig im Hinblick auf das was alles noch angesprochen wurde. Ich war auf dem Kongress und es wurde weit aus mehr Themen zum Thema Wirtschaft angesprochen. Allem Voran auch die Tiefenökologie nach Joanna Macy und die Permakultur.

    Was besonders an diesem Kongress auffiel ist die Tatsache, dass Buddhisten/Innen eben nicht vermeintliche narzisstische Selbstfinderprotagonisten sind, sondern klar und kritisch denkende berufstätige Bürger mit beiden Beinen mitten im Leben stehend und sich den Herausforderungen stellend. Danke an den Artikel ja wir sind nüchtern.

    Das gehört zum Wachsein (nichts anderes heißt Buddha)dazu.

     

    Die buddhistischen Bürger dieses Landes könnten weit aus mehr bewegen, wenn der buddhistische Glaube genauso wie die anderen großen Religionen hierzulande als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wird. Dann nämlich könnten sie genauso wie die anderen staatlich anerkannten Bekenntnisse in den Genuss stattlicher Förderung kommen. Allem Voran in der Bildung; bis heute würde ein buddhistischer Kindergarten keine finanzielle Zuwendung genießen.

     

    Buddhisten gehen den Weg des Dharma (Buddhas Lehre), weil sie für sich und die Umwelt mit ihren Vielfältigkeiten mitverantwortlich sind. Buddhisten werden unweigerlich hochpolitisch, weil sie mit geöffneten Augen nicht wegschauen können und wollen.

    Gruß aus Köln:

  • B
    Buddhaschnecke

    Schöne Worte von den Buddhisten. Fragt sich ob sie da wo es könnten auch Taten folgen lassen. Dürfte schwer fallen, selbst wenn sie es wirklich wollen - die christlich-abendländische Leidkultur wird wohl was dagegen haben.

  • S
    Sven

    Netter Ansatz, aber zu kurz gedacht:

    "Als Buddhist könne man das Geld zwar nicht einfach abschaffen..."

    Aber es ist verständlich, dass es einem Wirtschafler schwerfällt, sich eine Welt ohne Kapitalismus vorzustellen.

    Ich selbst bin ebenfalls Buddhist und der Ansicht, dass eine konsequente Anwendung der buddhistischen Lehren auf die Politik zur Anarchie führen würde. Und als Anarchist lehnt man natürlich auch den Kapitalismus im Ganzen ab.

  • G
    guvo

    Die konsumbezogene Wirtschaft würde sich unter gewissen Umständen "verändern", verkündet der angeblich buddhistische Wirtschaftsspezialist Brodbeck. Die verheißungsvolle Postille des "Veränderns" hört man eigentlich schon zu genüge. Was ist daran wissenschaftlich und seriös, wenn nicht deutlich gesagt wird, wohin?

  • N
    nilshorn

    Wir sollten das innere Glück und die Liebe (Brüderlichkeit) in das Zentrum der Volkswirtschaft stellen und nicht das Ego und den maximalen äußeren Gewinn. Darauf hat schon der englische Wirtschaftsprofessor Richard Layard hingewiesen (Die glückliche Gesellschaft: Kurswechsel für Politik und Wirtschaft, 2005). Das kann durch viele einzelne Maßnahmen geschehen: eine globale soziale Rahmenplanung der Weltwirtschaft durch die UNO, eine positive Ethik für Manager und Wirtschaftstudenten, positive Richtlinien und Gesetze für die einzelnen Unternehmen, Aufdeckung unsozialer Verhaltensweisen, fairer Welthandel und Organisierung von sozialer Verbrauchermacht. Wir müssen nicht gleich den ganzen Kapitalismus abschaffen. Das wird uns nicht gelingen, weil marktwirtschaftliche Strukturen sehr effektiv sind. Aber wir können weltweit eine ökosoziale Marktwirtschaft fordern und sie in Deutschland besser als bisher umsetzen.

  • IN
    Ihr Name querulant

    Ein dufter Artikel !!! Mal angenommen, dieser "sanfte" øko- buddhist- kapitalismus gewinnt an popularität... als die spirituelle Strategie Meta- materieller Weltrettung... dann wäre dieser brutale physische Aktienmarkt am verdienten ENDE...und neue Wertsetzungen und neue VISIONEN ... bisher subjektiviert hinter der "Geld-Macht-Status" kultur... und ihren "INS" und "OUTS" könnte Einfluss gewinnen !! hmmm..... why not ???