Buddha-Statuen in Afghanistan: Furcht vor Überfällen und Entführungen
Der Wiederaufbau der von den Taliban zerstörten Buddha-Statuen ist in Gefahr. Die Sicherheit kann im Bamiyan-Tal nicht auf Dauer gewährleistet werden. Auch Touristen bleiben aus.
KABUL taz | Wochenlang brauchten die Islamisten, um die beiden riesigen Buddhastatuen im afghanischen Bamiyan-Tal zu sprengen. Am 2. März 2001 begannen sie mit Flugabwehrkanonen und Raketen auf die 1.500 Jahre alten Steinskulpturen zu schießen. Doch als das Artilleriefeuer diese nicht vollständig zerstörte, griffen die Taliban zu Dynamit und Panzerminen. Taliban-Führer Mullah Omar erklärte: "Muslime sollten stolz darauf sein, Götzenbilder zu zerstören."
Zehn Jahre nach der Sprengung der größten bekannten Buddha-Standbilder der Welt sind die Restaurierungsarbeiten zwar in Gange. Doch eine ungewisse Zukunft liegt über dem beiden leeren Felsnischen. Das stumme Zeugnis einer fernen Kultur wäre Afghanistans sicherste Hoffnung auf ausländische Besucher.
In den 60er und 70er Jahren galt die Gegend auf der alten Seidenstraße als Magnet für Touristen und Hippies, die hier auf dem Weg nach Indien Zwischenstation machten. Die Invasion der Sowjetunion 1979, der anschließende Bürgerkrieg und die Herrschaft der Taliban haben dem Tourismus in Bamiyan ein Ende bereitet.
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 begannen die ersten Bemühungen um eine Restaurierung der grandiosen Buddha-Bilder. Die Unesco, das Kulturwerk der Vereinten Nationen, startete ein Projekt. Archäologen begannen, die Trümmer zu sichten und zu konservieren. Die Bamiyan-Provinz war ruhig und sicher.
Umstrittene Konservierungsarbeiten
Doch das änderte sich 2008, als Aufstand und Krieg langsam auch das Tal rund 200 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kabul erreichten. Inzwischen gilt die Straße nach Bamiyan als riskant. Bodenminen, Überfälle und das Risiko, entführt zu werden, gibt es auch hier.
Neuseeland, das seit 2004 den Aufbau der Provinz leitet, hat hier 140 Soldaten stationiert. Für ein Jahr wollen die Neuseeländer noch in Bamiyan bleiben, wie es dann weitergeht, ist offen. Ohne die nötige Sicherheit werden die Restaurierungsarbeiten nicht weitergehen können und auch Touristen sind nicht zu erwarten.
Die Konservierungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft sind nicht unumstritten: Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt, und die Provinz Bamiyan gehört zu den ärmsten Afghanistans. Manche Einwohner halten es für eine schlechte Idee, Geld für die Wiederherstellung nichtislamischer Kunstwerke auszugeben, während es den Menschen hier am Nötigsten fehlt.
Die Gouverneurin der Provinz, Habiba Sarabi, ist für den Wiederaufbau - zumindest von einer der Statuen. Die einzige weibliche Provinzchefin Afghanistans hofft, dass so der Tourismus in das Tal zurückkommt, um den bedeutendsten Kulturschatz Afghanistans zu sehen.
Die Tatsache, dass die Buddhas zur religiösen Verehrung erbaut wurden, ist für sie kein Problem. Sie seien ein selbstverständlicher Teil des Alltags gewesen, erklärt sie immer wieder.
#Auch die Archäologen debattieren noch, ob die Buddhas nach dem alten Muster neu erbaut werden sollten oder ob man besser die sichergestellten Teile und Fragmente der Statuen zusammensetzt.
Touristen bleiben weg
Hierhin verirren sich nur wirklich hartgesottene Reisende. Zumeist sind es Ausländer, die in Kabul arbeiten und sich noch halbwegs frei bewegen dürfen. Die Besucherzahlen sind niedrig. Um die 800 ausländische Touristen sollen 2008 nach Bamiyan gekommen sein, 2009 waren es 750, sagt Amir Foladi, der das Öko-Tourismusprogramm der Provinz leitet.
Foladi befürwortet die Rekonstruktion einer der beiden Buddhas. Die andere Felsnische solle leer bleiben, um an die Zerstörung des Kunstwerkes zu erinnern.
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