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■ BuchtipWie paart sich was

Interkulturelle Liebe, interkulturelle Ehen sind beliebtes Thema in Magazinen oder Schmonzetten. Und allenfalls beschäftigen sich praxisorientierte Ratgeber der Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen (IAF) damit.

Hilke Thode-Arora hat eine Dissertation daraus gemacht. „Interethnische Ehen – Theoretische und methodische Grundlagen ihrer Erforschung“, so der Titel. Ein wahrhaft gewichtiger Band zum Thema. Ein methodisches Grundlagenwerk. Die Autorin präsentiert trockenste Wissenschaft, wo es geläufig um den Gefühlhaushalt geht: ums sentimentale Scheitern, die süße Annäherung an die oder den Fremde(n) oder die leidenschaftliche Versuchung.

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema „Intermarriage“ begann in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten und fand bis in die Gegenwart hauptsächlich dort statt. Seit den fünfziger Jahren kamen vereinzelte britische und französische Arbeiten dazu. Seit Mitte der siebziger Jahre läßt sich auch im deutschen Sprachraum ein Interesse an binationalen und interethnischen Ehen beobachten. Der überwiegende Teil der Sachliteratur stammt aus der Soziologie, ein geringerer aus der Psychologie und Ethnologie.

Die Autorin hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, vorhandenes Material zu erfassen und zu ordnen. Eine gewichtige Fleißarbeit: 420 wissenschaftliche Publikationen sowie erganzend Autobiographien, Statistiken und Belletristik wurden durchgewälzt und verarbeitet. Das Ergebnis: ein schwer verdauliches, doch redliches wissenschaftliches Nachschlagewerk.

Ein Ergebnis der methodischen Erfassung, das sich aus „ethnologischen, familiensoziologischen und psychologischen Ansätzen ergibt“:

„Gemäß der meisten dieser Annahmen, aber etwa auch bestätigt durch einen interkulturellen Vergleich, ist Homogamie für Gesellschaft und Individuum die ideale Partnerwahl und interethnische Partnerwahl kaum zu erwarten.“ Das Interesse der Forschung galt daher der Frage, „warum und unter welchen Bedingungen sie denoch stattfindet“, formuliert Thode-Arora.

Sprich: in der Partnerschaft aus dem eigenen Kulturkreis ist der oder die einzelne besser aufgehoben, und die Forschung fragt nach dem Grund für individuelle Sonderwege. „Von zentraler Bedeutung für die zukünftige Zwischenheiratsforschung“, schreibt die Autorin, „ist daher die Entwicklung von Hypothesensystemen, welche eine Reihe komplexer Erscheinungen miteinander und mit interethnischen Ehen in Zusammenhang zu bringen versucht...“

Uff! Vielleicht versteht man manche Dinge doch am besten aus dem Bauch. Edith Kresta

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