Buch über das explosive Paris: Paris, du alte Zauberstadt
Éric Hazans wunderbare Stadtgeschichte zeigt Paris als das immer nur vorläufige Ergebnis aus Aufstand und Unterdrückung.
Den Parisern geht es nicht besser als dem Rest der Welt, auch in der schönsten aller Städte soll längst das Museale mehr gelten als das Leben. Leider langweilt es die Leser*innen recht schnell, wenn man von damit verbundenen zerstörerischen Prozessen erzählt, was auch dem Pariser Herzchirurgen, Kunstbuchverleger und Autor Éric Hazan bewusst sein mag, denn die Wiederauflage seines monumentalen, wunderbaren Paris-Buchs leitet er ein mit dem Satz: „Der Respekt vor dem Geist des Ortes hat indes mit der tristen Idee eines nationalen Kulturerbes nichts zu tun, ebenso wenig wie eine misstrauische Haltung gegenüber dem Zeitgeist die Ablehnung des Zeitgenössischen bedeutet.“
Und so findet Hazan auch im gegenwärtigen Paris Beispiele gelungener Stadtplanung, aber eben auch Enklaven des Widerstands gegen Vertreibung und neue Allianzen zwischen Prekären und Politisierten. Doch das Ringen um Paris und darum, was eine Stadt sein soll, ist noch nicht zu Ende, und so beschwört Hazan die berühmte Pariser Sprengkraft herauf.
Die Jahre 1830, 1848 und 1871 sind nur die prägnantesten, in denen die politische Geografie von Paris (und der ganzen Welt) sich veränderte. In seinem Buch „Die Erfindung von Paris“, das 2002 im Original und 2006 schon einmal auf Deutsch erschien, aber bald vergriffen war, zeigt Hazan den Übergang vom Alten zum Neuen Paris virtuos bis ins kleinste Detail und deutet seine Stadt als das stets nur vorläufige Ergebnis aus der Dialektik von Aufstand und Unterdrückung.
Kunst, Literatur und die Barrikade lenken seinen Blick, er sucht die politische Poesie von Paris und findet sie an jeder Ecke, ein Glück, das man so inflationär nur in Paris kriegt. Denn Paris ist nicht einfach eine Stadt. Paris ist das Thema der Moderne. Mit Hazans präziser Stadtgeschichte kriegt man mehr als nur eine Ahnung davon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!