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zwischen den rillenBryan Ferry covert alte Meister wie sich selbst

Die Tugend der Eitelkeit

Altern kann eine ernste Herausforderung sein. Gutes Aussehen auch. Bryan Ferry meistert beides, und es steht ihm gut.

Bryan Ferrari haben sie ihn genannt, in England, wo Stars ebenso lustvoll aufgebaut wie gefällt werden. Er hat es, wie es sich für eine gleichmütige Legende gehört, weggesteckt und weitergestrickt. An der Legende. Denn wer sich als Prototyp des smarten Dandys präsentiert, der braucht sich um sein Publikum nicht zu sorgen, nicht 1972, nicht 2002. Das Modell Ferry hat sich als zeitlos erwiesen. Doch wer seine blassen letzten Soloplatten wie „Taxi“ oder „Mamouna“ Revue passieren lässt, dem drängt sich die Frage auf: Wovon zehrt der Mann eigentlich?

Eitelkeit ist ein Begriff, um den beim besten Willen nicht herumkommt, wer sich mit Ferry auseinander setzt. Die kann eine schwere Bürde sein, wie die Audienzen zeigten, die Ferry zum Erscheinen seines neuen Albums kürzlich im teuersten Hotel Hamburgs gab. Mit mehreren gigantischen Koffern sei der Herr Ferry angereist, seufzte die Frau von der Plattenfirma. Ewig habe sie gerätselt, wieso der Künstler für einen zweitägigen Aufenthalt so ungewöhnlich viel Gepäck braucht. Und sei aus allen Wolken gefallen, als ihr klar wurde: „Das sind alles Anzüge!“ Seine Interviews selbst ließ Ferry dabei von einer blutjungen „Mitarbeiterin“ per Digitalkamera aufzeichnen, vorgeblich für eine spätere Verwertung auf CD-ROM.

Darum wundert es auch nicht, wenn Ferry auf „Frantic“ seine nuancierte Stimme und reiche musikalische Vergangenheit geradezu pfauengleich auffächert. Dass ausgiebig mit Roxy Music kokettiert wird, versteht sich von selbst. Auch genügt es ihm nicht, sein schönes „Nobody Loves Me“ mit produktionstechnischem Barock zu überzuckern, nein, dem alten Hit in neuem Gewand wird mit „Ja Nun Hons Pris“ ein mittelalterliches Minnestück vorangestellt, das angeblich von Richard Löwenherz komponiert worden sein soll. Ferry arrangierte es mit den originalen Instrumenten und einer eigens engagierten Opernsängerin, die er beim Ballett in London abgegriffen hat. Wie ein Maler, der für ein einzigen zusätzlichen purpurnen Farbtupfer extra eine Schneckenzucht betreibt. Das Ergebnis nämlich soll vom Feinsten sein – so abgegriffen diese Umschreibung ist, so zutreffend charakterisiert sie die Arbeitsweise eines Snobs.

Ferry covert Richard Löwenherz. Ferry covert Bob Dylan, gleich doppelt. Und Ferry covert Ferry, versteht sich. Helfen lässt er sich dabei nicht nur von seinem alten Roxy-Music-Mitstreiter Brian Eno, sondern auch von Radioheads Gitarrenmann Jonny Greenwood und dem Ex-Eurythmic Dave Stewart. Ein generationenübergreifendes Unterfangen also, das dem Selbstverständnis des selbstbewussten Selbstdarstellers entspricht. Und sich eines Gestus bedient, den Robbie Williams auf den Punkt gebracht hat: „Let me entertain you!“

Wie souverän er dieses Handwerk aber beherrscht, verdeutlichen ausgerechnet seine Versionen von „Don’t Think Twice, It’s Allright“ und „It’s All Over Now, Baby Blue“. Mit minimalistischer, ausnahmsweise bombastfreier Instrumentierung verleiht er den längst in Grund und Boden gecoverten Dylan-Klassiker doch tatsächlich eine leidende, schmachtende Erotik. Hat man so einfach noch nicht gehört. Vielleicht ist das ja Ferrys süßes Geheimnis: Er hat zwar selbst nicht viel zu sagen. Aber er sieht dabei besser aus als jeder andere. ARNO FRANK

Bryan Ferry: „Frantic“ (Virgin)

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