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Briten wütend über BonuszahlungenBanker heißen nun Bankster

In Großbritannien hat das Ansehen der Banker einen Tiefstand erreicht. Mieser stehen nur Schwerstkriminelle da.

Jährliche Pension von 693.000 Pfund: Ex-Vorstandschef der Royal Bank of Scotland, Fred Goodwin. Bild: dpa

DUBLIN taz Alistair Darling, der britische Schatzkanzler, wetterte: "Es spricht Bände über den Zustand dieses Landes, dass an Leute Prämien ausgezahlt werden, während die Bank um sie herum in Trümmern liegt." Das war 1995. Darling meinte die Barings Bank, die von dem Spekulanten Nick Leeson in den Bankrott getrieben worden war. Damals war Darling Börsenexperte der Labour Party, die noch in der Opposition war. Heute muss sich Darling wieder über Bonuszahlungen bei Pleitebanken ärgern.

Sir Fred Goodwin, der mit Übernahmegeschäften die Royal Bank of Scotland in den Bankrott getrieben hat und zurücktreten musste, bekommt mit seinen 50 Jahren eine jährliche Pension von 693.000 Pfund. Darling appellierte an ihn, auf einen Teil des Geldes zu verzichten: Die Bank verzeichnete 2008 Verluste in Höhe von 24,1 Milliarden Pfund und musste mit Steuergeldern gestützt werden. Goodwin denkt aber nicht daran, darauf einzugehen. Er ist inzwischen der meistgehasste Mann in Großbritannien, hat den Spitznamen "Scumdog Millionaire", Bankiers stehen im Ansehen nur knapp über Kinderschändern und heißen nun "Bankster" - eine Mischung aus "Banker" und "Gangster". Für die Labour-Regierung sind die Banker ein willkommener Blitzableiter. Als Labour 1997 an die Macht kam, hat die Partei die glitzernde Finanzwelt der Londoner City noch stärker hofiert, als es die Tories getan hatten. Man räumte ihnen die gesetzlichen Hürden für die Spekulationen aus dem Weg.

Sicher, Premierminister Gordon Brown hat die Bankiers nach dem GAU gescholten. Die Tage der großen Sonderzulagen seien gezählt, hatte Brown noch im Oktober verkündet, als er sein Bankenrettungspaket im Wert von 500 Milliarden Euro vorstellte: "Ich bin wütend über das verantwortungslose Verhalten. Wer sich so verhält, muss bestraft werden." Als die stellvertretende Labour-Vorsitzende Harriet Harman allerdings sagte, dass man Goodwin einen Teil seiner Pension wegnehmen werde, wurde sie von Brown zurückgepfiffen. Man sei an Verträge gebunden. Warum eigentlich? Schließlich wären die Banken ohne die rettenden Steuergelder pleite. Damit wären Zulagen und Pensionen perdu.

Die Regierung hat nicht damit gerechnet, dass die Bankiers die Stirn haben würden, das Rettungspaket für Bonuszahlungen zu verwenden, sodass die Regierung weitere Steuergelder nachschießen musste. Darlings Appellieren an den Anstand erscheint den meisten Briten als hochgradig naiv.

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2 Kommentare

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  • J
    jbes

    Das schlimmste ist doch noch gar nicht, dass die Manager so hohe Abfindungen, Boni, etc. haben wollen bzw. nicht darauf verzichten wollen.

    Das Allerschlimste ist doch, dass es Aufsichtsräte, also Vertreter der Eigentümer, gibt, die Verträge abschließen, die solche Zahlungen ermöglichen.

    Hier sitzen die eigentlichen Verbrecher.

  • AD
    Axel Dörken

    Das tolle an Fehlern ist, dass der fehlende Teilaspekt bewusst wird und ab sofort anders gehandelt werden kann.

     

     

    Wer Fehler macht, bekommt alsbald die Möglichkeit zu beweisen, dass er aus ihm gelernt hat.

     

    Wer Banken Geld leiht und bemerkt, dass sie es missßräuchlich eingesetzt haben, braucht ihnen nicht nochmal Geld leihen oder eben unter anderen Bedingungen.

     

    Was meinst du, wie schnell würden dann Banken unser Geld nicht für sich behalten?

     

    Stichworte: "Girales Geld - Wie Banken Geld drucken", "Moral als Schlüsselwert" und "Die Zinsproblematik". - Es ist Zeit für eine Kehrtwende in den Grundfesten der Ökonomie. Kein Mensch handelt überwiegend rational.