piwik no script img

Briefträger in DänemarkWenn der Postmann einmal klingelt

Die dänische Post muss massiv sparen. Und weil kaum noch Briefe geschrieben werden, kommt der Briefträger nur noch einmal wöchentlich.

Werden nur noch selten gefüttert: dänische Briefkästen Foto: imago/Chromorange

Stockholm taz | „Blumenmodell“. Diesen hübschen Namen hat sich die PR-Abteilung der dänischen Post für eine Reform ausgedacht, die einen massiven Abbau ihres bisherigen Services bedeutet. Ab kommendem Jahr können sich die DänInnen den täglichen Gang zum Briefkasten sparen. Statt wie bisher fünfmal, wird der Briefträger nur noch einmal pro Woche vorbeikommen.

Blütenblättern ähnlich würden die Orte in fünf Zonen aufgeteilt, erläutert Peter Kjaer Jensen, Chef von PostNord Dänemark. „In einem der Blütenblätter kommt die Briefpost am Montag, im nächsten am Dienstag und so weiter bis Freitag.“ Dieses „Blumenmodell“ sei die einzige Möglichkeit, um überhaupt noch im ganzen Land regelmäßig Post austragen zu können.

Der geschrumpfte Briefzustelldienst ist Teil eines Sparprogramms, in dessen Rahmen in den kommenden zwei bis drei Jahren auch bis zu 4.000 der jetzt 10.000 Arbeitsplätze verschwinden sollen. PostNord Dänemark ist Teil eines 2009 aus der schwedischen und der dänischen Post gegründeten staatlichen Logistikkonzerns, an dem Stockholm 60 und Kopenhagen 40 Prozent der Anteile gehören. Der dänische Teil schreibt seit Jahren rote Zahlen und braucht eine Kapitalspritze von umgerechnet rund 400 Millionen Euro. In beiden Ländern werden die SteuerzahlerInnen in den kommenden Jahren mit Millionenforderungen rechnen müssen.

Dass gerade bei der dänischen Post, und hier insbesondere bei der Briefpost, die Bilanz nicht mehr aufgeht, hat einen klaren Grund: In keinem europäischen Land ist die Digitalisierung so weit fortgeschritten. Seit 2014 müssen alle DänInnen ein elektronisches Postfach haben, in dem ihre Behördenpost landet.

Post in Deutschland

Gesetzlich geregelt: In Deutschland ist die werktägliche Postzustellung per Gesetz vorgeschrieben. 80 Prozent aller Briefe müssen am Werktag nach Einwurf ausgeliefert werden, 95 Prozent zwei Tage nach Einwurf.

Qualitätscheck: Laut Post-AG werden sogar 95 Prozent der Briefe am Werktag nach Einwurf ausgeliefert. Bis 2004 überprüfte die Bundesnetzagentur diese Auslieferungsquote. Auf Verlangen des Bundesrechnungshofs wurde dies jedoch eingestellt: zu teuer. Seitdem gibt die Post die Überprüfung selbst in Auftrag. Und das, obwohl die EU-Postrichtlinie seit 2010 unabhängige, behördliche Qualitätsmessungen vorsieht. Das deutsche Postgesetz wurde allerdings nie angepasst. (mgr

Von dieser Verpflichtung befreit werden kann nur, wer eine Funktionsbehinderung oder keinen Zugang zu einem Computer mit Internetanschluss hat. Und weil die Online-Post auch billiger für Unternehmen ist, bestrafen viele die KundInnen, die nicht auf eine Papierrechnung verzichten wollen, mit saftigen Gebühren. So ist das Briefaufkommen seit 2000 um insgesamt 90 Prozent geschrumpft.

Mit dem Wegfall des täglichen Briefzustelldiensts werden die Briefträger weder Reklame noch Zeitungen zustellen. Die Möglichkeit, einen Brief einen Tag nach Versand zustellen zu lassen, bleibt jedoch bestehen. Dieser Eilbrief kostet nun umgerechnet 3,60 Euro. Ausgeteilt wird er dann zusammen mit der Paketpost: Bei dieser lohnt trotz der privaten Konkurrenz die Postmenge beim Staatskonzern noch für tägliche Zustellrunden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Der Mensch ersetzt ein Problem durch ein anderes.

  • Weniger Papier, weniger Holzverbrauch, weniger Transportkosten, weniger CO2 - gefällt mir !

    • @Tim Schweizer:

      Sorry, aber das ist mehr als kurz gedacht.

       

      Die Praxis ist, daß in Folge aller dafür nötigen Aufwendungen (von infrastrukturellen Einrichtungen über Serverfarmen bis zum Endgerät) schon ein paar Klicks im Internet einen (un-)ökologischen Fußabdruck hinterlassen, der einem geschickten Brief (im negativen Sinne) locker das Wasser reichen kann bzw. sogar übertrifft.

       

      (Und da habe ich die Tatsache, daß jeder zweite dann den Scheiß halt daheim ausdruckt, noch gar nicht erwähnt.)

      • @Nachtvogel:

        Seien Sie ein Vorbild und schicken Sie bitte zukünftig der TAZ ihre per Hand geschriebenen Kommentare per Post.

      • @Nachtvogel:

        Und die Behörden benutzen wohl die Schreibmaschine um CO2-neutral die Briefe zu erstellen?

         

        Ein Blatt Papier herzustellen kostet schon 10 Liter Wasser, wenn nur jeder zweite auf das Papier verzichtet, ist das schon ein enormer Gewinn für die Umwelt.

        • @Tim Schweizer:

          Sehe ich auch so, dass das, was in dem Artikel das Bedenklichste ist, ein Problem ist, dass wir hier in der BRD wegen der tollen EU auch haben.

          Die konkurrierende Paketzustellung.



          Ich erlebe es hier im Dorf, dass zu der Bonzensiedlung, die ein paar Straßen weiter liegt wie mein Kotten, manchmal 5 verschiedene Paketdienste bzw. manche sogar zweimal fahren (ohne Pizzabringdienst und so ein Gedöns), bis Mama oder Papa mit den Dritt-SUV dann selber runter ins Dorf oder ins entlegene Bremen fahren, um einzukaufen.