Brexit und die Wirtschaft: Firmen starten Notfallpläne
Eine Reederei flaggt um, Banken verlegen Geschäftsteile, Easyjet will britische Aktionäre loswerden: Die ersten Firmen werden aus Sorge vor dem Brexit aktiv.
Die britische Reederei P&O kündigt an, ihre noch in Großbritannien registrierten vier Fähren vor dem Brexit nach Zypern umzuflaggen. Als Grund wird genannt, dadurch die EU-Steuerregeln weiter anwenden zu können. Im Dezember hatte P&O schon angekündigt, zwei zwischen Frankreich und Großbritannien verkehrende Fähren in Zypern registrieren zu lassen. Sie sind inzwischen im zyprischen Limassol eingetragen.
Die vor allem für ihre beutellosen Staubsauger bekannte Firma Dyson verlagert ihr Hauptquartier von Großbritannien nach Singapur. Der Grund sei aber angeblich nicht der Brexit, sondern die zunehmende Bedeutung Asiens für das Dyson-Geschäft, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Der Zeitpunkt, wenige Wochen vor Ablauf der Brexit-Frist, ist dennoch auffällig. Firmengründer James Dyson, der das Unternehmen nach wie vor kontrolliert, gehörte zu den prominenten Befürwortern des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union.
Dyson arbeitet gerade an einem Elektroauto, das ebenfalls in Singapur gebaut werden soll. An der Investition von 200 Millionen Pfund in einen Technologiecampus am britischen Flugplatz Hullavington und anderen geplanten Ausgaben in Großbritannien werde zugleich festgehalten. Die britischen Standorte würden „auch in Zukunft das Kernzentrum der kreativen und ingenieurwissenschaftlichen Leistungen von Dyson sein“. Die Produktion in Großbritannien habe Dyson bereits 2003 eingestellt, schrieb die „Financial Times“. Zugleich hieß es, mit der Verlagerung der Firmenzentrale würden nur zwei Topmanager nach Singapur umziehen: Der Finanzchef und der Chefjurist.
Bentley-Chef Adrian Hallmark
Von britischen Oppositionspolitikern kam heftige Kritik an dem Umzug der Firmenzentrale. So warf der Labour-Abgeordnete Wes Streeting James Dyson „Heuchelei“ vor: Er habe kein Gefühl der Verantwortung gegenüber seinen Arbeitern oder seinem Land. Sir James selbst äußerte sich nicht zu den Plänen.
Dem britischen Autobauer Bentley könnte ein ungeregelter Brexit dieses Jahr den Sprung in die Gewinnzone verderben. Bentley sei auf dem Weg zurück in die schwarzen Zahlen, sagt dessen Chef Adrian Hallmark. „Der Brexit ist der Killer. (…) Wenn wir einen harten Brexit bekommen, würde uns das dieses Jahr treffen, weil wir wirklich eine Chance haben, über eine schwarze Null hinaus die Trendwende zu schaffen.“
Easyjet will Nicht-EWR-Aktionäre loswerden
Der britische Billigflieger Easyjet treibt seine Vorbereitungen für den bevorstehenden Brexit voran. Ziel ist es, den paneuropäischen Flugbetrieb für den Fall eines ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU zu sichern. Wie die Rivalin Ryanair aus Irland versucht das Unternehmen, einen Teil seiner Aktionäre aus Großbritannien und anderen Ländern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums loszuwerden.
Easyjet-Chef Johan Lundgren will damit sicherstellen, dass die Fluggesellschaft spätestens am 29. März mehrheitlich Eignern aus dem EU-Wirtschaftsraum gehört. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass eine Airline auf Strecken innerhalb der EU fliegen darf.
Es ist Brexit-Zeit
„Die EU und Großbritannien haben versprochen zu gewährleisten, dass Flüge zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auch im Falle eines Brexits ohne Abkommen weiterhin stattfinden“, teilte Easyjet am Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen in Luton mit. Geliefert haben Brüssel und London trotz aller informellen Versprechen aber bislang nicht und über das Geschäftsmodell in ganz Europa ist damit noch nichts gesagt.
Zum Jahresende 2018 befand sich die Airline nach eigenen Angaben zu 49 Prozent in der Hand von Anteilseignern aus dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) – ohne Großbritannien. Damit lag die Quote immerhin 2 Prozentpunkte höher als Ende September. Um die Quote über die notwendigen 50 Prozent zu treiben, denkt Easyjet darüber nach, den Nicht-EU-Aktionären notfalls die Stimmrechte für die Hauptversammlung zu entziehen. Auch könnte man sie zwingen, ihre Anteile an europäische Eigner zu verkaufen, überlegt die Airline nun öffentlich.
Easyjet ist nach eigenen Angaben „weiterhin bestrebt, alle Anteilseigner gleich zu behandeln – unabhängig ihrer Nationalität“, hieß es. Es werde davon ausgegangen, die Erhöhung der EWR-Unternehmensanteile „organisch“ zu erreichen. Easyjet verfüge zudem „über weitere Möglichkeiten“, die „zu diesem Zweck“ genutzt werden könnten.
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