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Bremisches WahlrechtIn Zukunft mehr Disziplin

Das gerade geänderte Wahlrecht wurde am Donnerstag nochmal geändert – Kandidat*innen ohne vorderen Listenplatz werden künftig kaum noch eine Chance haben.

Soll wieder berechenbarer – oder langweiliger – werden: Die Bremische Bürgerschaft Foto: dpa

BREMEN taz | Von den 83 Abgeordneten-Plätzen in der Bürgerschaft sind derzeit 22 von Personen besetzt, die von ihrer Partei zwar auf die Wahlliste, aber nicht auf die „sicheren“ vorderen Plätze gesetzt worden waren. Das soll bei der Bürgerschaftswahl 2019 nicht mehr passieren: Am ges­trigen Donnerstag wurde im Parlament das Wahlrecht geändert.

Nach einem erfolgreichen Volksbegehren hatte die Bürgerschaft beschlossen, dass jede WählerIn fünf Kreuze machen kann – bei Parteien oder bei Einzelkandidaten. Das soll bleiben – aber der Mechanismus, nach dem die Personenstimmen sich auf die Sitzverteilung auswirken, wird geändert.

Nach dem neuen Wahlsystem wären 2015 nicht 22, sondern nur sieben Abgeordnete über ihre guten „Personenstimmen“ ins Parlament eingezogen. „Damit der Wähler weiß, was er wählt“, begründete der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe die Reform der Reform.

So habe der Spitzenkandidat im Jahr 2015 90.000 Personenstimmen bekommen, die seien aber KandidatInnen zugute gekommen, die nur 1.000 oder 2.000 Stimmen hatten. Nach dem neuen System werden nun jene in die Bürgerschaft kommen, die auf der Liste „oben“ abgesichert sind, trotz weniger Personenstimmen.

Als „Rückschritt“, kritisierte Hauke Hilz von der FDP die Reform in der Bürgerschaftsdebatte. Von der mittlerweile parteilosen Susanne Wendland, die über ihre Personenstimmen auf der Grünen-Liste ins Parlament gekommen war, erhielt er Beifall. Mit den Listen sicherten sich „elitäre Parteizirkel“ ihre Plätze, sagte sie, und wenn nun das Ergebnis des Volksbegehrens gekippt würde, sei das sicher kein Mittel gegen die Parteiverdrossenheit.

Nur zwei trauten sich, ihrem Gewissen zu folgen: Rainer Hamann (SPD) und Peter Erlanson (Linke)

Matthias Güldner (Grüne) warf ihr daraufhin „Populismus von links“ vor. Christian Schäfer, der fraktionslose Abgeordnete, der als Spitzenkandidat der AfD ins Parlament gekommen war, konterte: „Populismus machen wir doch alle.“ Auch er kritisierte die Wahlrechtsreform als „Schritt zurück“.

Genauso bunt wie die Koalition der Kritiker war die der Befürworter, sie umfasste alle etablierten Parteien. Erstaunlicherweise wurden Grüne und CDU in der Debatte von RednerInnen vertreten, die bekannten, eigentlich gegen die Reform zu sein. Klaus-Rainer Rupp (Linke) teilte in einer persönlichen Erklärung mit, er sei für das alte Wahlrecht, stimme aber aus Parteidisziplin für die Änderung.

Bei der namentlichen Abstimmung trauten sich nur zwei, ihrem Gewissen zu folgen: Rainer Hamann (SPD) und Peter Erlanson (Linke). Jan Saffe von den Grünen hatte zwar einst Hunderte von Stimmen für das Volksbegehren gesammelt, stimmte aber jetzt für die Änderung. Nach dem neuen Wahlrecht hätte er seinen Sitz nicht bekommen. Angesprochen auf sein Abstimmungsverhalten meinte Saffe, die Lage sei sehr kompliziert, persönlich sei er eigentlich immer noch für das Wahlrecht des Volksbegehrens.

Zehn Abgeordnete hatten sich beim Parlamentspräsidenten gestern als „entschuldigt“ abgemeldet. Sigrid Grönert (CDU) war allerdings nur im Plenarsaal entschuldigt: Sie saß vorn in der Lobby, genauso wie die CDU-Abgeordnete Birgit Bergmann.

Claas Rohmeyer, ebenfalls CDU, kam erst nach der Abstimmung in die Bürgerschaft. Alle drei waren über ihre Personenstimmen ins Parlament gekommen. Bei den Grünen hatte sich Kabire Yildez entschuldigt, die vor der Debatte noch anwesend war: So zeigte sich in der namentlichen Abstimmung der vorauseilende Gehorsam der Parteidisziplin.

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