Bremens Privatuni wird 10: Zum Geburtstag kein Geld
Die Jacobs-Stiftung verzögert die Zahlung von 125 Millionen Euro an die Jacobs University Bremen, weil diese nicht ausreichend weitere Mittel einwerben konnte
Der Jacobs University fehlt Geld: 125 Millionen Euro hätte die private Hochschule in Bremen-Grohn in diesem Jahr bekommen sollen - den Löwenanteil einer Millionen-Spende der Züricher Jacobs-Stiftung. Doch wie die Stiftung jetzt der taz sagte, muss die Hochschule - die heute ihr zehnjähriges Bestehen feiert - noch mindestens sechs Jahre auf das Geld warten: "Wir haben uns mit der Universität auf ein verlängertes Finanzierungsmodell und einen Entwicklungsplan geeinigt", so eine Sprecherin der Stiftung. Dieser Plan sehe "weiterhin jährliche Zahlungen und eine abschließende Einlage der Jacobs Foundation in den Kapitalstock Ende 2017 vor." Grund ist offenbar, dass es der Universität nicht gelungen ist, ausreichend weitere Mittel einzuwerben.
Ende 2006 - die damals noch International University Bremen genannte Privathochschule in Grohn war mal wieder in einer schweren Finanzkrise - hatte der aus Bremen stammende Kaffee- und Zeitarbeits-Unternehmer Klaus J. Jacobs eine spektakuläre Großspende verkündet: 200 Millionen Euro sollte die ambitionierte, aber wirtschaftlich angeschlagene Hochschule von seiner Stiftung bekommen. Es war die größte private Einzelspende aller Zeiten in Deutschland. Manche Kommentatoren sahen einen Zeitenwechsel anbrechen: Endlich erwache auch in Deutschland ein den USA vergleichbarer Mäzenatengeist, an dem es hier für den Aufbau einer privaten Hochschullandschaft nach US-Vorbild immer fehlte.
Doch das Jacobs-Geld sollte nicht ohne Bedingungen fließen: Zur "nachhaltigen Beseitigung der damaligen finanziellen Schieflage" sollte die IUB ab 2007 jährlich 15 Millionen Euro bekommen. Falls es ihr in dieser Zeit gelinge, sich finanziell einigermaßen zu konsolidieren, sollte 2011 eine Schlussrate von 125 Millionen Euro fällig werden, mit der die seither umbenannte Jacobs University ihren Kapitalstock ergänzen könne.
So war die Finanzierung der neben Witte-Herdecke einzigen privaten Voll-Universität in Deutschland nämlich anfangs geplant: Bis zu 500 Millionen Euro wollten die Gründer bei Privatleuten und Industrie einsammeln, die Kapitalrendite sollte die laufenden Kosten tragen. Doch es war der Staat, der als erster das Portemonnaie aufmachte: Bis 2006 flossen in die "Privatuniversität" 174 Millionen Euro von Konten des Landes Bremen, vom Bund kamen weitere 48 Millionen Euro. Die Wirtschaft hielt sich hingegen zurück.
"Der akademische Erfolg der Universität ist unstrittig. Wir sind sehr zufrieden mit dem, was die Verantwortlichen der Universität in dieser kurzen Zeit an internationaler Exzellenz geleistet haben," sagt eine Sprecherin der Jacobs Foundation nun. Doch man habe "auf Herausforderungen reagieren" müssen. Durch die Wirtschaftskrise von 2008/2009 seien der "Wert des Kapitalstocks und die Zinssätze extremen Schwankungen ausgesetzt" gewesen. Gleichzeitig sei "das Umfeld für privates Fundraising in Mitleidenschaft gezogen worden". Daher nun der neue Zeitplan für den Mittelfluss. An der Gesamtsumme von 200 Millionen halte die Stiftung fest.
Einer der Gründerväter der damaligen IUB ist der Astrophysiker und ehemalige Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Reimar Lüst. Heute wird er zum ersten Ehrendoktor der Jacobs University ernannt. Für ihn ist die Jacobs University ein "erfolgreiches Modell, das sich aber nicht auf alle Hochschulen übertragen lässt", sagt er. Das 1999 formulierte Ziel, 500 Millionen Euro als Stammkapital für die private Hochschule einzusammeln, hält Lüst bis heute für realistisch. Dass dies bisher nicht gelungen ist, habe mit der fehlenden Spenderkultur in Deutschland zu tun. "In Amerika ist das leichter. Das haben wir seinerzeit möglicherweise nicht richtig eingeschätzt", sagt Lüst, der an weitere Spender appelliert, die Privatuni zu stützen. An der Zielmarke halte man weiter fest. Wie viel die Jacobs University bislang an Stiftungskapital einsammeln konnte, mochte Lüst nicht sagen - "Betriebsgeheimnis". Ebenso wie die Höhe des jährlichen Defizits der Universität. "Am Ende war jeder Haushalt ausgeglichen." Dazu hat auch Lüst selbst seinen Teil beigetragen: Er hat zur Förderung der IUB eine eigene Stiftung gegründet, in die sein gesamtes privates Vermögen fließen wird.
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