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Bremen gegen MünchenMaßnahmen zur Deeskalation

Am Samstag empfängt Werder den FC Bayern München. Der Auftritt von Stürmer Miroslav Klose erhitzt in Bremen die Gemüter.

Klose zu Gast im Weserstadion. Wird er ausgezählt oder würdig verabschiedet? Bild: dpa

BREMEN taz Ganz nett war das. Und wohl ehrlich gemeint. Zumindest hat sich Per Mertesacker über die SMS gefreut, die ihm Miroslav Klose aus München geschickt hat. "Ich habe ja auch nie behauptet", erzählte Bremens Abwehrhüne, "dass ich ein schlechtes Verhältnis zu Miro habe." Und auch den anderen, die dem Exkollegen noch wohlgelitten sind, wünschte Klose noch am Mittwoch per Kurzmitteilung für die Champions-League-Qualifikation gegen Dinamo Zagreb viel Glück. Das hat Werder benötigt, um den kroatischen Meister nach einem Kraftakt und Toren der Einwechselspieler Hugo Almeida (46.) und Daniel Jensen (85.) mit 2:1 in die Knie zu zwingen.

Ein Wunschresultat ist das nicht. Aber so ein erzwungenes Erfolgserlebnis ist in der Phase, in der sich der Bundesligist befindet, viel wert. "Wir haben das überstanden", seufzte Sportdirektor Klaus Allofs, während Trainer Thomas Schaaf beschwichtigte: "Traumfußball ist bei uns derzeit nicht möglich. Wir kommen da aber wieder hin. Keine Sorge."

Momentan hat der auf vielen Ebenen prosperierende Verein freilich Sorgen genug: Samstag kommt nicht nur das Starensemble des FC Bayern nach Bremen, sondern auch Klose. Viele erwarten ein Spiel voller Schimpf und Schande für einen der besten Spieler, der je im Weserstadion stürmte. "Ich fürchte, dass viele Fans hier nur darauf aus waren, ihrem Unmut Luft zu machen", sagt Arnd Zeigler, Stadionsprecher Werders.

Bremens Geschäftsführung wird überraschend den Abtrünnigen vor der Partie offiziell verabschieden. Mit Ansage und Präsenten. Der Vorschlag ging kurzfristig an den FC Bayern, den Spieler und dessen Berater - alle willigten ein. "Ein ganz normaler Vorgang", beschied Allofs bei der gestrigen Pressekonferenz, "ich bin optimistisch, dass Vernunft einkehrt."

Dennoch ist es, mit Verlaub, eine ziemlich gewagte Prozedur, die in einem Pfeifkonzert untergehen könnte. Auch wenn viele bei Werder den verbalen Flachpass bevorzugen, ist die Atmosphäre angespannt, was beim Ligapokal in Düsseldorf in einen öffentlichen Streit zwischen Allofs und Uli Hoeneß mündete. Nun ist Deeskalation angesagt. Werder gegen Bayern, sagt Allofs, das sei von jeher mit Emotionen besetzt. "Es gibt eine sportliche Rivalität, es darf auch jemand ausgepfiffen werden, aber Begriffe wie Hass lehnen wir ab."

Selbst der Fanbeauftragte Dieter Zeiffer ist vom Verein gebrieft. Keine TV-Interviews, nur autorisierte Statements. Zeiffer will jetzt eine Wende bei den Werder-Fans ausgemacht haben. Er hat viele Gespräche geführt, man möchte das Klose-Kapitel schnell abhaken. "Es wird nicht einmal Transparente gegen Miro geben", glaubt Zeiffer. "Eine Riesengeste wäre das, wenn Miro nicht niedergemacht würde", sagt Mertesacker. Aber er könne auch jede Reaktion der Fans verstehen, "wenn man zu denen im Süden wechselt, macht man sich nicht viele neue Freunde". Frank Baumann, Kapitän bei Werder, berichtete gestern, dass er mit Klose telefonieren und ihn freundlich begrüßen werde. "Es ist zwar nicht alles optimal gelaufen, aber wir dürfen nicht vergessen, was er für Werder geleistet hat." Und er betont: "Für mich ist Miro der beste deutsche Stürmer." Ein artiges Kompliment.

All die frechen Sprüche, die die Werder-Entourage vor einem Jahr gen Süden sandte, werden von einer bedächtigen Tonart ersetzt, in der Selbstzweifel mitschwingen. Die Testspielpleiten, die Beinahe-Pokalblamage in Braunschweig, der Stotterstart in Bochum und nun das Zitterspiel gegen Zagreb: Souverän wirkt Werder nicht. Selbst Tim Wiese, der grün-weiße Lautsprecher, bleibt kleinlaut. Der Torwart, der Oliver Kahn anno 2006 sogleich "sechs Stück" prophezeite, flüstert nun: "Diesmal wäre ich mit einem 1:0 schon zufrieden." Eingedenk verletzter Nationalspieler (Clemens Fritz, Torsten Frings, Tim Borowski), nicht in das System integrierter Neuzugänge (Carlos Alberto) oder bei der Copa America gestresster Brasilianer (Diego und Naldo) soll es der Faktor Zeit richten. "In 14 Tagen steht eine andere Mannschaft auf dem Platz", versichert Allofs. Aber noch nicht morgen gegen Klose und die Bayern.

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