■ Querspalte: Breit- getretener Mond
Die Erde hat noch einen zweiten Mond. Kanadische Astronomen haben ihn entdeckt. Der schlichte Name des Himmelskörpers lautet „Asteroid 3753“. Der Erde, steht zu lesen, folge er in einer Art „Hufeisenbahn“ und bewege sich „auf einem nierenförmigen Orbit“ um die Sonne. Muß er wissen!
Der Durchmesser des Asteroiden 3753 beträgt nur fünf Kilometer, und es besteht zum Glück auch keine Kollisionsgefahr: Der ulkige Asteroid ist 50 Millionen Kilometer von uns entfernt. Sein Einfluß auf die Menschheit dürfte dennoch verheerend sein. Schon jetzt, jede Wette, sitzen Tausende von Kabarettisten und Glossisten am Schreibtisch, kauen am Bleistift oder an der Maus und brüten Asteroid-3753-Witze aus, deren Pointen so exakt vorherzusagen sind wie das massenhafte Erscheinen von haarigen, nahezu restlos entblätterten Primaten auf offener Straße und im Supermarkt, sobald die Sonne scheint. (Leider ist es gerade wieder soweit.)
Zahllose Gedichte und Lieder, werden die verschwitzten Glossisten schreiben, müßten aufgrund der Entdeckung des Asteroiden 3753 abgeändert werden: „Die Monde sind aufgegangen“; „Siehst du die Monde dort stehen, sie sind nur halb zu sehen und sind doch rund und schön“; „Laa, lee, luu, nur die Männer in den Monden schauen zu“; „Gute Monde, ihr geht so stille“, so müsse es jetzt heißen, und Goethes Gedicht „An den Mond“ müsse in „An die Monde“ umbenannt werden. Und so weiter, immer nach Schema F.
Kein Zweifel, so wird es geschehen. Das beknackte Publikum wird völlig aus dem Häuschen geraten, und wer den schlechtesten, niveaulosesten Asteroid-3753-Witz reißt, erhält den Werner- Schneyder-Preis mit Schulterband und Stern. Ich tippe auf einen Autor der Humorseite in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung, der mit Abstand langweiligsten und ödesten Humorbeilage der Welt. Zur Strafe möge ihm der Himmel auf den Kopf fallen. Gerhard Henschel
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