Brasiliens Gesundheitsversorgung: Bolsonaro kündigt Ärzten aus Kuba
Der künftige brasilianische Präsident wendet sich gegen die vom kubanischen Staat organisierten Mediziner und Pfleger. Das sei „Sklavenarbeit“.

Das kubanische Personal solle das Recht erhalten, die Familien nachziehen zu lassen, solle das Gehalt direkt ausgezahlt bekommen und nicht nur ein Drittel davon über den kubanischen Staat erhalten. Als „Sklavenarbeit“ hatte Bolsonaro die vom kubanischen Staat organisierte Anstellung der Ärzte und Krankenpfleger im brasilianischen Gesundheitssystem bezeichnet. Er wolle nicht die „kubanische Diktatur“ finanzieren, war ein weiterer Satz, der in Havanna für wenig Begeisterung sorgte.
Fakt ist, dass die Gehälter des kubanischen Personals direkt an die kubanische Regierung ausgezahlt werden. Diese zahlt davon real rund dreißig Prozent an die praktizierenden Mediziner und das kubanische Pflegepersonal aus.
Den Rest investiert die Regierung eigenen Aussagen zufolge auf der Insel. Das Modell, welches in Kuba Ende der 1990er Jahre entwickelt wurde und derzeit pro Jahr rund zehn Milliarden US-Dollar (rund 8,8 Milliarden Euro) in die klammen Kassen spült, ist seit 2002 der wichtigste Devisenbringer der Verantwortlichen in Havanna.
Exzellenter Ruf der Kubaner
Das wird sich mit dem Abzug der 8.300 Kubaner ändern, denn kubanisches medizinisches Personal genießt zwar einen exzellenten Ruf, aber wer kann sich ähnliche Ausgaben wie die Brasilianer schon leisten? Folgerichtig droht der Karibikinsel eine neuerliche wirtschaftliche Krise.
In Brasilien geht das Gesundheitssystem bereits jetzt in die Knie, denn die Kubaner waren vor allem dort im Einsatz, wo nicht alle brasilianische Ärzte aktiv werden wollen: in abgelegenen Gebieten der Amazonasregion zum Beispiel.
Das macht sich bereits bemerkbar. In mindestens zwölf Bundesstaaten gibt es laut Medienberichten Gesundheitszentren, in denen keine Mediziner mehr vor Ort sind. Das trifft vor allem Gesellschaftsschichten, die nicht unbedingt zu den Wählern des künftigen Präsidenten Bolsonaro gehören. Doch die langen Schlangen vor den Arztpraxen könnten fortan wieder zu Brasiliens Realität gehören. Das könnte auch den Rechtspopulisten Jair Bolsonaro vor ungewohnte Herausforderungen stellen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung