Brasilien schlägt Elfenbeinküste: Gnadenlos effizient
Erst neutralisieren sich beide Mannschaften auf hohem Niveau, dann spielt Brasilien effizienten Ergebnisfußball. Den hoch gehandelten Ivorern fällt dagegen kein Mittel ein.
JOHANNESBURG taz | Also auch die Elfenbeinküste nicht. Auch die Mannschaft, der von allen Teams des Kontinents vor dem Turnier die größte Qualität attestiert worden war, könnte bereits in der Vorrunde scheitern. Mit 1:3 verlor das Team gegen Brasilien. Das einheimische Publikum, das sich so sehr einen Sieg der Elfenbeinküste ersehnt hatte, wäre beinahe angetan von Brasiliens ansehnlichen Auftritt in der zweiten Halbzeit wohlgelaunt von dannen gezogen. Doch eine Schlussphase mit vielen Frustfouls und einer gelb-roten Karte für Kaka verdarb ihnen dann aber wieder die Laune.
Gehörigen Respekt hatten die beiden Mannschaften voreinander. Die Spieler beider Mannschaften achteten zunächst sehr auf ihre Ordnung in Abwehr und Mittelfeld. Das Spiel nach vorne wurde mit äußerster Zurückhaltung betrieben. Als in der 13. Minute Didier Drogba zum Freistoß in gut 30 Meter Entfernung zum Tor antrat, da beorderte Brasiliens Trainer Carlos Dunga seine Sturmspitze Robinho zurück an den eigenen Strafraum. Ebenso typisch für das Spiel der ersten Minuten war, dass Drogba eben jenen Freistoß einfach Richtung Tor drosch. Der wiedergenesene Drogba, der beim 0:0 gegen Portugal nur die letzten 24 Minuten mitgekickt hatte, sollte und wollte es beinahe ganz allein richten im Angriff des Teams von der Elfenbeinküste.
Und dann stocherte Kaka den Ball, der eigentlich schon verloren war, zum heranstürmenden Luis Fabiano. Der drosch ihn ins Tor. Bis zur 25. Minute war die Explosion in West Rand bei Johannesburg der größte Bumms des Tages. Luis Fabianos Treffer machte die Nervosität vergessen, die den Nachmittag über in der Stadt geherrscht hatte. Eine Explosion, die Kilometerweit zu hören war, hatte die Stadt verunsichert. Nicht einmal bei der Eröffnungsfeier war so viel Polizei rund um das Stadion postiert worden. Die Mitteilung der Polizeibehörden, wonach es sich um eine gezielte Explosion auf dem Gelände eines Sprengstoffherstellers gehandelt hat, konnte angesichts der massiven Polizeipräsenz kaum einer glauben. Nach Luis Fabianos Treffer herrschte dann wieder der Fußball über Soccer City. Das Spiel begann erst jetzt so richtig.
Brasilien - Elfenbeinküste 3:1 (1:0)
Brasilien: Julio César - Maicon, Lúcio, Juan, Michel Bastos - Elano (67. Daniel Alves), Gilberto Silva, Felipe Melo - Kaká - Luís Fabiano, Robinho (90.+3 Ramires)
Elfenbeinküste: Barry - Demel, Kolo Touré, Zokora, Tiéné - Eboué (72. Romaric), Yaya Touré, Tioté - Dindane (54. Gervinho), Kalou (68. Keïta) - Drogba
Schiedsrichter: Lannoy (Frankreich)
Zuschauer: 84.455
Tore: 1:0 Luís Fabiano (25.), 2:0 Luís Fabiano (50.), 3:0 Elano (62.), 3:1 Drogba (79.)
Gelbe Karten: - / Keïta, Tioté, Tiéné
Gelb-Rote Karten: Kaká (88./wiederholtes Foulspiel) / -
Die Afrikaner im Stadion, die zunächst arg geschockt waren, taten alles, um die neben Ghana letzte große Hoffnung des Kontinents nach vorne zu pusten. Das Spiel der Kicker von der Elfenbeinküste wurde aggressiver. Gefährlich wurde es indes nie so richtig. Viel zu oft wurde der Ball einfach Richtung Tor geschossen. Die weiter respektvolle Abwehr der Brasilianer verstand es, den Ball vom eigenen Strafraum fernzuhalten. Eine Torchance gab es nicht für die Elfenbeinküste. Für eine solche hätte es schon die Mithilfe des Schiedsrichters gebraucht. Doch das Handspiel, das für die reklamierenden Spieler der Elfenbeinküste einen Elfmeter hätte zur Folge haben müssen, pfiff er nicht ab.
Auch das nächste Handspiel im Strafraum fand Referee Stephane Lannoy keinen Pfiff wert. Luis Fabiano legte sich den Ball vor seinem Schuss ins Tor (50.) mit dem Oberarm vor. Bevor zu sehen war, wie die Elfenbeinküste nach der Pause auf den Rückstand reagieren würde, stand es also schon 2:0 für Brasilien. Aus war's.
Geschockt und hilflos war die Elfenbeinküste nun. Und nach dem 3:0 durch Elano in der 62. Minute nach einem sicher gespielten Konter war aus der erhofften afrikanischen Party ein brasilianisches Fest geworden. Ein Jubel über einen lässigen brasilianischen Sieg. Mitgejubelt haben da auch viele Südafrikaner. Brasilien, das immer öfter zeigte, wie gefährlich und effektiv sicheres Passpiel vor dem Strafraum sein kann, war an diesem Abend kurzzeitig zu ihrem Team geworden.
Und irgendwie haben sich dann alle zusammen gefreut, dass Didier Drogba doch noch getroffen hat (79.). Vielleicht auch Brasiliens Abwehr, die sich nicht viel darum geschert hat, dass der Angreifer in ihrem Strafraum stand. Doch dann stieg der Frust unter die Schöpfe der Spieler von der Elfenbeinküste. Sie verliehen ihrer Niedergeschlagenheit durch Frustfouls Ausdruck. Kaka ließ sich davon derart provozieren, dass er zu Rempeln begann. Die Gelb-Rote Karte für Brasiliens Nummer Zehn machte aus einer Beinahe-Party doch noch einen hässlichen Fußballabend.
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