Brandstifter festgenommen: Autobrände flackern weiter auf
Die Polizei hat erneut einen mutmaßlichen Brandstifter festgenommen. Die Brände gingen am Wochenende aber weiter. In einem Autohaus traf es gleich zehn Pkw
Ein weiterer Schlag gegen die anhaltenden Autobrände: Die Polizei hat in der Nacht zu Sonntag erneut einen mutmaßlichen Autobrandstifter festgenommen. Dieser wird verdächtigt, einen Mercedes im Lichtenberger Ortsteil Rummelsburg angezündet zu haben. Ein Richter setzte gegen den 36-Jährigen am Sonntag einen Haftbefehl in Vollzug - erstmalig in diesem Jahr.
Der Mann soll kurz vor 2 Uhr mit rußverschmiertem Gesicht und Händen ein Lokal in der Türrschmidtstraße betreten und der Wirtin mitgeteilt haben, dass ihr vor dem Haus geparkter Wagen brenne. Als der 36-Jährige das Lokal verlassen wollte, hielten ihn Gäste fest und alarmierten die Polizei. Die Feuerwehr löschte das Fahrzeug. Ein Zeuge hatte beobachtet, wie ein Mann vor dem Brand über die Grundstücksmauer des Hauses in den Hinterhof geklettert war.
Die Polizei vermutet hinter der Tat ein politisches Motiv. Der Mann sei der Polizei "nicht unbekannt", sagte ein Sprecher. Über die genauen Delikte wurden keine Angaben gemacht. Nach taz-Informationen soll er Verbindungen zur linken Szene haben.
Bereits am Freitag hatte die Polizei zwei verdächtigte Autozündler, 24 und 43 Jahre alt, in Moabit gefasst - erstmalig nach der seit Anfang Mai neu angelaufenen Brandserie. Der Jüngere wurde mangels dringendem Tatverdacht wieder freigelassen, ermittelt wird weiter. Der 43-Jährige landete in U-Haft, die am Samstag aber gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in einem alternativen Hausprojekt in der Kreutziger Straße in Friedrichshain will die Polizei Hinweise auf eine bisher ungeklärte Brandstiftung erhalten haben. Mitte Mai hatte eine Fußgängerin gemeldet, einen Mann in der Karl-Marx-Allee beobachtet zu haben, wie dieser einen BMW anzünden wollte.
Trotz der Festnahmen setzten sich die Autobrände unvermindert fort. In der Nacht zu Samstag brannten ein Mercedes, ein Audi und ein Bagger. Später traf es drei BMWs, einen Mercedes und einen VW-Kleintransporter. Die Polizei geht in allen Fällen von unpolitischen Taten aus.
Anders in der Nacht zu Montag: Da zündeten Unbekannte mehrere Fahrzeuge auf dem Gelände eines Citroën-Autohauses in Alt-Friedrichsfelde an, zehn Wagen gerieten in Brand. Die "Hochwertigkeit" der Pkw passe in das Zielschema linksautonomer Brandstifter, teilte die Polizei mit. Es sei "hoher Sachschaden" entstanden.
Damit wurden in diesem Jahr bereits 64 politisch motivierte Brandanschläge verübt, die 95 Autos beschädigten. 2010 waren es 44 Anschläge, 2009 noch 145. Die Polizei setzt inzwischen mehrere dutzend Beamte nachts als Brandstreifen ein und nutzt auch Hubschrauber.
Verurteilt wurde bisher erst ein Brandstifter aus der linken Szene: ein 28-jähriger Kreuzberger. Er erhielt im März eine dreijährige Bewährungsstrafe für drei Autobrände. Die Taten waren auf Video dokumentiert, der Mann gestand. Die Richterin ließ ein politisches Motiv offen und sprach von einer Alkoholtat. Andere Verfahren endeten bisher mit Freisprüchen, weil die Taten nicht nachgewiesen werden konnten. Schon zum dritten Mal stand in der vergangenen Woche eine 23-jährige Linke wegen eines Autobrands vor Gericht, die Staatsanwaltschaft hatte wiederholt Revision beantragt. Das Urteil wie schon bei den vorangegangenen Prozessen: Freispruch mangels Beweisen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird