Brandenburger fürchten Kohlendioxid: Proteste gegen CO2-Deponie
Brandenburger befürchten, dass das Treibhausgas Kohlendioxid aus einer geplanten Lagerstätte entweicht.
NEUTREBBIN taz Vor dem Podium steht ein Schaukasten mit Trockeneis. Das soll zeigen, wie harmlos komprimiertes Kohlendioxid (CO2) eigentlich ist. Aber das sind die etwa 300 versammelten EinwohnerInnen des brandenburgischen Dorfs Neutrebbin und Umgebung nicht bereit zu glauben. Der Energiekonzern Vattenfall hatte sie am Montagabend in die örtliche Turnhalle eingeladen, um die Akzeptanz der hier vorgesehenen Probebohrungen für eine Kohlendioxid-Deponie zu erhöhen.
Carbon Capture and Storage (CCS) heißt das Verfahren, womit das bei Verbrennungsprozessen anfallende Treibhausgas Kohlendioxid mit hohem Druck in poröse Gesteinsschichten in etwa 1.500 Meter Tiefe gepresst wird. Das Bundeskabinett hatte Ende März mit seinem CCS-Gesetzentwurf politisch die Weichen gestellt. Vattenfall beabsichtigt, mit CCS seine Braunkohlekraftwerke - jedenfalls oberflächlich gesehen - klimaneutral weiterbetreiben zu können.
Nun erklären zwei Konzernvertreter, dass Gesteinsschichten in der Region Oderbruch und im südlicher gelegenen Beeskow mit Schallwellen seismisch erkundet werden sollen. Durch Bohrlöcher werde das Gestein anschließend genauer analysiert.
Das südliche Oderbruch wurde ausgewählt, weil es noch aus DDR-Zeiten genaue Bodenuntersuchungen für dieses Gebiet gibt. Und weil in der schwach besiedelten Region im Nordosten Brandenburgs mit wenig Widerstand aus der Bevölkerung gerechnet wird, argwöhnen die VeranstaltungsteilnehmerInnen. "Geben Sies doch zu, Sie wollen uns hier raushaben!", ruft ein Mann aufgebracht. Die Immobilienpreise seien seit Ankündigung der geplanten CO2-Großdeponie um 30 Prozent gefallen.
Die Anwesenden sind gut informiert. Sie halten den Experten vor, dass der ohnehin niedrige Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken durch die gleichzeitige CO2-Abscheidung um weitere 10 bis 15 Prozent reduziert werde. Es gehe letztlich um die Legitimation für weitere Kohlekraftwerke und neue Tagebaugebiete.
Die Bürger kritisieren, dass zum Beispiel laut einer Greenpeace-Studie langfristig der Austritt von CO2 nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem könnten die Langzeitschäden für das Oderbruch verheerend sein. Dabei will der Konzern dafür nur 30 Jahre haften. Die Firmenvertreter verweisen darauf, dass es ja in dieser Phase nur um die Gewinnung von Erkenntnissen gehe.
Doch die TeilnehmerInnen zweifeln auch die Sicherheit der Druckleitungen an, durch die pro Stunde 360 Tonnen flüssiges CO2 gespült werden sollen. Durch ein System von Schiebereglern in der Leitung bleibe aber im Falle einer Havarie genügend Zeit, die AnwohnerInnen in Sicherheit zu bringen, versuchen die Vattenfall-Experten zu beruhigen.
Vor allem aber geht es um Einflussmöglichkeiten. Entscheiden wird die Landesregierung. Die Gemeindevertreter werden nur angehört. "Ich rechne mit einer Zustimmung durch die Landesbehörde", sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Jutta Lieske nach der Veranstaltung. In Neutrebbin hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die Widerstand dagegen ankündigt.
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