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Brandenburg will Schulden der Kreise übernehmen

■ Aber Streit in der Landesregierung über den Umfang der Schuldenübernahme

Potsdam (taz) – In Brandenburg sind 38 Landkreise spätestens zum Jahresende von der Zahlungsunfähigkeit bedroht. Der Potsdamer Landrat Norbert Glante kündigte sogar an, daß im Landkreis Potsdam bereits im Herbst Gehälter nur mehr über Kredite gezahlt werden könnten.

Nach einer Krisensitzung des brandenburgischen Kabinetts über die prekäre Haushaltslage der Kommunen kündigte Innenminister Alwin Ziel (SPD) an, daß die Landesregierung die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen sicherstellen werde. Brandenburgs Kommunen würden ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. Dazu sollen zinslose Überbrückungshilfen gezahlt werden. Eine spürbare Entlastung dürften die Kreise auch durch die Selbstverpflichtung des Stolpe-Kabinetts erfahren, Millionenschulden der Landesbehörden bei den Kreisen schnell zu begleichen.

Weiterhin will das Land, die bis zum Stichtag 10. August 1993 angehäuften Defizite der Kreise ganz übernehmen. Wörtlich sagte Ziel: „Die Fehlbeträge von 1993 werden vom Land abgedeckt.“ Es soll gewährleistet sein, daß die 1994 in Brandenburg entstehenden Großkreise schuldenfrei „an den Start gehen können“.

Bildungsminister Roland Resch (Bündnis 90) sprach nach der Klausur von einer „sehr angespannten Diskussion“. Wie die taz erfuhr, waren die Kabinettsmitglieder zum einen verärgert über das von Innenminister Ziel unvollständig vorgelegte Datenmaterial. „Es sind noch viele Fragen offengeblieben“, sagte Resch gegenüber der taz – und das, obwohl die Finanznot schon seit einem Jahr bekannt sei. Das Defizit der brandenburgischen Landkreise ist nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mittlerweile auf mehr als 420 Millionen DM angewachsen. Im Haushalt der kreisfreien Städte fehlen zusätzlich rund 200 Millionen DM.

Auch die pauschale Absichtserklärung des Innenministers zum Schuldenerlaß stieß gestern auf heftige Kritik in anderen Ministerien. Von einer pauschalen Übernahme der kommunalen Haushaltsdefizite durch das Land sei in der gestrigen Kabinettssitzung gar keine Rede gewesen, hieß es in mehreren Ministerien. Bildungsminister Resch kündigte sogar an, „es wird über die Fehlbeträge erst einmal mit den Kreisen verhandelt. Für viele Probleme sind die Kreise selbst verantwortlich.“

Nach der DIW-Studie lag die Finanzausstattung der brandenburgischen Kreise aufgrund der überdurchschnittlichen Zuweisung durch das Land sogar an der Spitze aller ostdeutschen Bundesländer. Die Zuweisungen aus Landes- und Bundesmitteln waren in Brandenburg dreimal so hoch wie in Schleswig-Holstein, daß von der Wirtschaftsstruktur und Einwohnerzahl mit Brandenburg vergleichbar ist.

Um die Haushaltslöcher zu stopfen hatte Ziel bereits im Juni die Landkreise aufgefordert, 9.000 der insgesamt 100.000 Stellen abzubauen. Dies bekräftigte der Innenminister gestern noch einmal, indem er mit einem „Personalüberleitungsgesetz“ drohte, falls die Kreise seiner Aufforderung nicht nachkämen. Bei diesem Gesetz handelt es sich um nichts anderes als um ein Abwicklungsgesetz. Auch die Studie des DIW kommt zu dem Ergebnis, „daß noch Reserven bei der Einsparung von Personalausgaben“ möglich sind. Die Personalausgaben der Kreise in Brandenburg lagen um über 50 Prozent über denen im Land Schleswig-Holstein.

Zudem liegt Brandenburg mit 525 Kommunalbeschäftigten je 10.000 Einwohner erheblich über dem Durchschnitt der ostdeutschen Kommunen mit 448. Ein Drittel aller Beschäftigten arbeiten im Sozialbereich, während die Personalausstattung in der „Kernverwaltung“ als zu gering eingestuft werden kann. Die Studie empfiehlt, daß vor allem beim pädagogischen Personal der Horte und Krippen „erhebliche Einsparungsmöglichkeiten“ liegen. Anja Sprogies

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