Brandanschlag in Hessen: Brandstiftung mit Hass-Parole
Bei dem Feuer an einem von Türken bewohnten Haus im hessischen Dautphetal geht die Polizei von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus.
Der Brandanschlag im mittelhessischen Dautphetal bei Marburg ist bisher ungeklärt. In der Nacht zum Dienstag gegen 23.45 Uhr hatte ein Feuer die Holzverkleidung der Fassade und eine Außentreppe eines von einer türkischen Familie bewohnten Hauses zerstört. Der Brand war von den Eigentümern rechtzeitig bemerkt und von der Feuerwehr schnell gelöscht worden.
Die Marburger Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts einer ausländerfeindlich motivierten Straftat. Schon zwei Stunden vor dem Ausbruch des Feuers war dem Sohn und seinem Freund aufgefallen, dass zwei Unbekannte vom Grundstück wegliefen. Sie entdeckten an der Hauswand das mit blauem Wachsmalstift in etwa 50 Zentimeter hohen Buchstaben geschriebene Wort "HASS", die beiden S als gezackte Runen gestaltet. Sie riefen die Polizei und erstatteten Anzeige wegen Sachbeschädigung und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.
Später bemerkte die Familie Rauchgeruch und entdeckte den Brandherd. Indizien schüren den Verdacht der Brandstiftung. Der Sohn berichtete, es habe plötzlich "eine riesige Rauchwolke" gegeben und "sehr gestunken". Die Mutter sah aus dem Fenster im ersten Stock wiederum zwei Männer unmittelbar vom Haus in der kleinen Stichstraße weg mit erhobenen Fäusten in Richtung des angrenzenden Waldes zur Dautpher Höhe rennen und hörte sie mehrmals laut und in akzentfreiem Deutsch rufen: "Ausländer raus!" Nachbarn bestätigten diese Aussage, konnten aber wegen der Dunkelheit keine Personen beschreiben.
Der Marburger Polizeisprecher Jürgen Schlick sagte am Mittwoch, er wolle "das Wort Brandanschlag noch nicht benutzen". Brandbeschleuniger sei am Tatort nicht gefunden worden. Inzwischen seien allerdings Staatsschutz und Staatsanwaltschaft in die Ermittlungen eingeschaltet. Die Polizei bitte um Hinweise aus der Bevölkerung. Am Vormittag besuchten der Marburger Polizeipräsident Manfred Schweizer und der türkische Vizekonsul Güclü Kalafat den Brandort. Sie sicherten der Familie Hilfe zu. Bürgermeister Bernd Schmidt (Freie Wähler) sagte, es habe ihn "hart schockiert", dass es ausgerechnet Familie O. getroffen habe. Ihr türkischer Migrationshintergrund sei "nicht erkennbar gewesen, so eingepasst sind sie". Das hessische Innenministerium drängt auf schnelle Aufklärung. Ministeriumssprecher Michael Bußer sagte, in Hessen hätten ausländerfeindliche Straftaten "bislang noch nie einen Nährboden gefunden, und das wird auch künftig so bleiben". Im Ort, der erst 1974 aus einem Zusammenschluss von zwölf Dörfern entstanden ist, leben ungefähr zehn Prozent Ausländer.
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