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Brandanschlag auf Moschee in Schweden„Muslime sind der Sündenbock“

Bei einem Anschlag auf eine Moschee in Schweden werden fünf Personen verletzt. Es ist bereits der zwölfte solche Angriff in diesem Jahr.

Feuerwehrmann vor der ausgebrannten Moschee in einem Wohnhaus in Eskilstuna. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Von einer „widerlichen und inakzeptablen Tat“ spricht Schwedens Innenminister Anders Ygeman und Kultusministerin Alice Bah beklagt einen „Angriff auf die Religionsfreiheit und die Demokratie in unserem Land“. Am 1. Weihnachtstag hat es einen Brandanschlag auf eine Moschee im mittelschwedischen Eskilstuna gegeben. Nach bisherigen polizeilichen Ermittlungen warf eine unbekannte Person einen Brandsatz in den im Erdgeschoss eines Wohnhauses eingerichteten Raum.

Alle 20 BesucherInnen, darunter auch Kinder konnten sich aus dem sich blitzschnell ausbreitendem Feuer durch Fenster ins Freie retten. Fünf Personen mussten aber mit Rauchverletzungen, Schnittwunden und Knochenbrüchen in Krankenhausbehandlung. Der Zustand eines Verletzten wurde als „ernst“ bezeichnet.

Nach einer Statistik der antirassistischen Organisation „Expo“ war es in diesem Jahr bereits der zwölfte Anschlag auf eine Moschee in Schweden. Im Mai war die Moschee in Eskilstuna schon einmal Ziel eines Anschlags gewesen, bei anderen Moscheen waren Fenster eingeworfen worden, es hatte Hakenkreuzschmierereien gegeben und mehrfach hatte es auch gebrannt. In allen Fällen konnte die Polizei keine Täter fassen. Auch in Eskilstuna hat man offenbar noch keine konkreten Spuren.

Man ermittle wegen schwerer Brandstiftung gegen „Unbekannt“ teilte ein Polizeisprecher mit und sehe auch noch „kein klares Motiv“. Am Freitag wurde der Verfassungsschutz „Säpo“ in die Ermittlungen eingeschaltet, was dessen Sprecherin Sirpa Franzén mit möglicherweise politisch motivierten Tätern begründete. Man ermittle nicht nur in Eskilstuna selbst, sondern „an verschiedenen Orten im Land“.

„Lasst die Motherfucker brennen“

Der neue Anschlag kommt in einer Zeit kräftig gestiegener ausländerfeindlicher Agitation im Land. Die rechtsextremen „Schwedendemokraten“ waren mit einer gegen die relativ großzügige Flüchtlingspolitik Schwedens gerichteten Kampagne bei den Wahlen im September drittstärkste Partei geworden. Sie halten nun im Parlament eine Sperrminorität, stoppten den Haushaltsentwurf der rot-grünen Regierung und provozierten damit Neuwahlen, die im März stattfinden sollen. „Die Muslime sind zum großen Sündenbock der gegenwärtigen Flüchtlingsdebatte geworden“, sagt Anders Dalbro von „Expo“: „Der Hass gegen sie nimmt immer mehr organisierte Formen an.“

Auf einer Facebookseite „Nein zu Moscheen in Schweden“ mit fast 70.000 Likes wurde der Brandanschlag von Eskilstuna teils offen begrüßt. „Bloß nicht löschen, lasst die Motherfucker brennen“ heißt es da, oder: „Das ist erst der Anfang.“ Es gab aber auch kritische Kommentare, die Vergleiche zur „Kristallnacht“ in Deutschland 1938 zogen und diese Tat verurteilten.

Für Freitagnachmittag hatten mehrere antirassistische Organisationen und christliche Kirchengemeinden zu einer Demonstration vor der ausgebrannten Moschee in Eskilstuna aufgerufen: Statt mit einem Brandsatz wolle man die Moschee „mit Liebe bombardieren“. Und Innenminister Ygeman ist selbstkritisch: „Es ist offensichtlich, dass wir bislang nicht genug zum Schutz von Moscheen oder anderen religiösen Treffpunkten getan haben.“

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14 Kommentare

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  • Es zeigt sich einmal mehr, daß nicht der radikale Islam die große Terrorbedrohung in Europa ist, sondern der Rechtsradikalismus der Europäer selbst.

    • @Dudel Karl:

      Haarspalterei ohne jegliche Aussagekraft, da auf jeden Nachweise der Behauptung leider verzichtet wird.

       

      Niemand bestreitet das Rechtsextremisten gefährlich sind. Nur warum relativieren Sie damit zugleich die Probleme mit den Unterwerfungskulten der Buchreligionen?

      • @KarlM:

        "Nur warum relativieren Sie damit zugleich die Probleme mit den Unterwerfungskulten der Buchreligionen?"

         

        Weil es dafür keine schlüssigen Belege gibt, sondern nur - in Bezug auf Islam - die unbelegten Behauptungen von Pegida, PI-News, Ihnen und Ihren Freunden sowie denen des Verfassungsschutzes, die sogar den eigenen im Verfassungsschutzbericht veröffentlichten Zahlen widersprechen.

         

        ;)

        • @Dudel Karl:

          Dann bilde ich mir die bisher ergangenen Urteile gegen religiös motivierte Extremisten wohl ein?

           

          Immerhin stecken Sie mich nicht zum BfV, danke.

          • @KarlM:

            Weil Sie doch immer so viel Wert auf Belege legen: Nennen Sie uns doch mal die konkreten Zahlen - wieviele islamistisch motivierte Straftaten stehen wievielen rechtsradikal motivierten Straftaten in der BRD jährlich gegenüber?

  • Um sich bei solchen extremistsich motivierten Delikten nicht unnötig unglaubwürdig zu machen, ein Pegidianer wird sich sicher an dem Gegensatz Sprengsatz - Brandsatz aufhängen, empfiehlt es sich doch einfach USBV (Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung) zu verwenden; auch wenn es amtsdeutsch klingt.

     

    Sachlich richtiger und unverfänglich ist es allemal.

    • @KarlM:

      Haarspalterei ohne jegliche Aussagekraft.

      • @Dudel Karl:

        Warum beantworten Sie eigentlich jeden konstruktiven Beitrag mit undifferenzierten Aussagen? Können Sie das nicht anders?

         

        Ist es nicht gerade wegen des Vorwurfs auch aus XYpedis-Kreisen an die "Systempresse" zweckmäßig hier ohne Übertreibung sachlich zu berichten?

         

        Oder warum begeben Sie sich so gern auf das Niveau der von Ihnen so gern kritisierten Rechtsextremisten? Die "Haarspalterei" bemängeln Sie doch nur weil es nicht auf Ihrem Mist gewachsen ist und Sie ja ausweislich vieler Kommentare diesen Kalibers größte Probleme haben eine sachbezogene Diskussion zu bewältigen?

        • @KarlM:

          Da können Sie noch soviel rumschwurbeln, die Diskussion "USBV oder Sprengsatz / Brandsatz" ist so lächerlich und grotesk, als habe Loriot sie für einen Beamtensketch ausgedacht.

           

          Das reale Thema hier ist ein anderes: Nazis verüben rassistiche Mordanschläge in der BRD und die Staatssicherheit versucht derweil, Leute zu kriminalisieren, die Koranbücher verschenken.

          • @Dudel Karl:

            Nö, das schaffen Teile der Koranverteiler regelmäßig selbst. Die steleln sich nur beim USBV, Pardon Bombenbau bisher oft noch blöder an als die Nazis. Sonst geben sich die Fraktionen im Punkt Menschenverachtung nicht viel...

             

            Ihre fixe "Rassismuskarte" sollten Sie mal belege, oder mit einem Facharzt vorstellen.

            • @KarlM:

              Die Nazis bekommen ja auch professionelle Unterstützung beim Bombenbasteln. Da kommt ein Bastelonkel und zeigt denen, wie´s geht, oder er macht´s gleich selber, wie damals beim Celler Loch.

              • @Dudel Karl:

                Da kann ich Ihnen nur zustimmen!

                Nahezu jede funktionsfähige und wirksam durch "Extremisten" eingesetzte USBV dürfte mit technischer Unterstützung realisiert worden sein; wie z.B. die Nagel-USBV in der Keupstrasse.

                 

                Allerdings gilt im Umkehrschluss auch dass das spektakuläre Scheitern auch oft genug auf nachrichtendienstlich geleitete Personen zurückzuführen ist (Sauerländer, "Kofferbomber", USBV vom Bonner HBf oder die Weitergabe von für sich nicht wirklich brauchbaem "TNT" an den "NSU").

                 

                Nicht vergessen werden darf dabei auch dass es jedes Jahr 400-600 unpolitische USBV-Umsetzungen in die PKS schaffen. Es also eigentlich genug Menschen gibt, die das auch ohne Hilfe des Großen Bruders realiseren können, nur landen diese Personen glücklicherweise (fast) nie bei irgendwelchen Extremisten!

  • Brandanschläge sind Mordversuche und auf jeden Fall unakzeptabel , von welcher Seite gegen wen auch immer.

     

    Trotzdem sollten wir auf dem Teppich bleiben. Mein beknackter Bruder hält in einem Wohnhaus Bibelstunden ab. Deshalb ist das noch lange keine Kirche.

    • @Ernst Tschernich:

      ich hoffe nicht, daß Sie das wirklich meinen -

       

      was Ihre Sätze im letzten

      Absatz sagen.