piwik no script img

Bosnier „kontinuierlich abschieben“

■ Von Plänen der Innenverwaltung sind 10.000 Flüchtlinge bedroht

Bosnische Kriegsflüchtlinge müssen weiterhin mit ihrer Abschiebung rechnen. Innenstaatssekretär Kuno Böse erklärte gestern, daß die Innenverwaltung eine „kontinuierliche Abschiebung“ plane. Weitere Massenabschiebungen sei zwar nicht vorgesehen, doch müßten alle „vollziehbar Ausreisepflichtigen“ mit einer Abschiebung rechnen. Ausgenommen seien Teilnehmer von Rückkehrprogrammen und traumatisierte Kriegsflüchtlinge mit Attest.

Nach Schätzung der Ausländerbeauftragten Barbara John sind damit 50 bis 60 Prozent der noch in Berlin lebenden 20.000 Bosnier von einer möglichen Abschiebung bedroht. Die Flüchtlingsreferentin der Grünen, Rita Kantemir, geht sogar davon aus, daß 90 Prozent der Bosnier betroffen sind. „Es kann fast jeden treffen,“ meint auch Flüchtlingsberaterin Bosiljka Schedlich vom Südost-Zentrum.

Ihren Angaben zufolge überprüften Polizeibeamte in den letzten Tagen in mehreren Wohnheimen die Briefkästen. Die Beamten wollen offenbar sichergehen, daß der Widerruf der Duldung die Betroffenen auch erreicht und damit der Weg für die Abschiebung frei ist. Kantemir kritisierte das Vorgehen der Innenverwaltung als „Nötigung und Erpressung“. In Frage komme nur eine gut geplante und freiwillige Rückkehr.

Für das vom Senat geförderte Rückkehrprogramm in die Srpska haben sich nach Angaben der Ausländerbeauftragten 3.798 Teilnehmer gemeldet. Weitere 800 nehmen an EU-geförderten Aufbauprogramm teil. Dorothee Winden

Am 23. Juli findet um 19 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg eine Protestversammlung gegen die Abschiebeaktionen statt, zu der u.a. amnesty international aufruft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen