Borussia Mönchengladbach: Stürmische Verteidiger
Über dem Spiel von Mönchengladbach liegt derzeit eine gewisse Schwere. Die Defensivspezialisten Vestergaard und Ginter sorgen für Erleichterung.
Es gibt in der Bundesliga nicht viele Feldspieler, die noch keine Minute dieser Saison verpasst haben, lediglich sechs Profis gehören zu diesem illustren Kreis. Neben Herthas Marvin Plattenhardt, Naldo (Schalke), Christian Günter (Freiburg) und Stuttgarts Benjamin Pavard (21) stand bislang tatsächlich die komplette Innenverteidigung von Borussia Mönchengladbach immer auf dem Rasen, wenn der Ball rollte.
Matthias Ginter und Jannik Vestergaard brauchen offenbar keine Pausen, aber nicht nur das macht die beiden besonders: Der Däne und der Badener sind auch noch das torgefährlichste Innenverteidigerduo der Liga. Vestergaard sind drei Tore gelungen, Ginter vier. Damit haben sie über 20 Prozent der 31 Gladbacher Treffer erzielt, was für die beiden Defensivspezialisten einerseits eine spektakuläre Bilanz ist. Andererseits führt diese Statistik allerdings zu einer schmerzlichen Frage: Was ist mit den Offensivspielern los?
Lars Stindl wartet seit November auf ein Gladbacher Tor, Thorgan Hazard seit fünf Partien, Raffael fällt immer wieder verletzt aus oder wirkt irgendwie matt, während Raul Bobadilla oder Josip Drmic derzeit nicht wirklich weiterhelfen.
Nach dem erstaunlichen 2:1 gegen den FC Bayern vergangenen November liegt oft eine seltsame Schwere über den Spielen der Borussia. „Diese Mannschaft ist absolut sauber und in Ordnung, aber sie beschäftigt sich gerade sehr, sehr, sehr, sehr mit der Situation – das ist eigentlich schön, aber auch hinderlich“, hat Sportdirektor Max Eberl neulich gesagt.
Die Struktur im Spiel ist ebenso vorhanden wie die Qualität der Einzelspieler, aber es mangelt an Form, Leichtigkeit und Esprit. Und über die Saison gesehen auch ein wenig an defensiver Stabilität. Während bei der Ursachenforschung für die fehlende Konstanz fast immer zuerst die schwache Durchschlagskraft im Angriffsdrittel genannt wird, fordert Eberl auch, dass das Team „besser verteidigen“ müsse.
Das Gesamtbild einer schweren Saison
Das klingt überraschend angesichts der Konstanz in der Viererkette und den vielen guten Einzelmomenten, die in den Zusammenfassungen der Spiele von Vestergaard und Ginter zu sehen sind. Doch nur vier Bundesligisten haben noch mehr Gegentreffer zugelassen als die Borussia vom Niederrhein. Auch die beiden unumstrittenen Abwehrtürme Verstergaard und Ginter gehören zum Gesamtbild einer schwierigen Saison.
Immerhin haben sie am vorigen Wochenende nach zuvor vier Niederlagen ohne eigenen Treffer mal wieder gewonnen, bezeichnenderweise durch einen spektakulären Fernschuss von Christoph Kramer, der sicher nicht so geplant war. „Da hatte ich das hart erarbeitete Glück am Fuß“, sagt der Mittelfeldspieler.
Die Stürmer waren unterdessen erneut harmlos, und auch nach dem Coup von Hannover bleibt die Gesamtbilanz des Jahres 2018 bescheiden. Fünf ihrer sieben Bundesligapartien haben sie verloren. „Wir müssen keine generellen Dinge verändern“, betont Eberl immer wieder, der die leise Trainerdebatte, die unter den Fans und in Teilen des Umfeldes geführt wird, für völlig deplatziert hält. Vielmehr sind es die berühmten Details, die sich derzeit nicht zu einem Gesamtbild des Erfolges zusammenfügen wollen.
Es wird viel über das so genannte „Spielglück“ diskutiert: Mal litten sie unter ungünstigen Schiedsrichterentscheidungen, wie beim 1:2 in Köln, gegen Dortmund (0:1) blieb ein wilder Sturmlauf ungekrönt, weil Torhüter Roman Bürki einen überragenden Tag erwischte, „außerdem haben wir in der Rückrunde viel Verletzungspech“, sagt Trainer Dieter Hecking.
Und auch die Innenverteidiger spielen noch nicht auf dem Champions-League-Niveau, das ihnen grundsätzlich zugetraut wird. „Wir müssen jetzt dranbleiben, auch von den Ergebnissen her“, sagt Ginter, der im vor der Saison aus Dortmund geholt wurde, um dieses Team mit seiner Erfahrung als Weltmeister und Confed-Cup-Sieger zu führen. Denn die Partie gegen Werder Bremen bietet die schöne Möglichkeit, den zarten Aufwärtstrend der vergangenen beiden Wochen in eine Erfolgsphase zu überführen. Der Frühling kann kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen