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Boris Johnsons neues Brexit-GesetzSo oder so befremdlich

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

Großbritanniens Premier Johnson schockt mit seinem jüngsten Brexit-Schritt. Ist das wieder nur Säbelrasseln?

Will Boris Johnson die EU zwingen, die Verhandlungen abzubrechen? Foto: Anthony Devlin/reuters

I n England fragt man sich: Wozu die ganze Aufregung? Es geht doch bloß um Irland. Die Insel war für England schon lange ein Störfaktor, der am besten zu ignorieren sei. Diese Haltung hat sich durch die gesamte Brexit-Saga gezogen.

Der ehemalige irische Diplomat Séan Ó hUigínn sagt, die Engländer haben nur ein Anliegen in Bezug auf Irland: Sie wollen nichts mehr davon hören. Die irische Grenze ist ein gutes Beispiel dafür. Das Vereinigte Königreich hat eine 500 Kilometer lange Grenze mit der EU, aber das hat man so lange verdrängt, bis es nicht mehr ging, weil die EU darauf bestand.

Das hat bei den Tories einen Schock ausgelöst. Sie verstehen bis heute nicht, wie die kleine Nachbarinsel zum Mittelpunkt der Brexit-Verhandlungen werden konnte. Man beschuldigt die EU, Irland als Schachfigur zu benutzen, um Großbritannien zu bestrafen, und man beschuldigt Irland, die EU zu benutzen, um die irische Vereinigung voranzutreiben.

Das Unverständnis für die Nachbarinsel drückt sich etwa darin aus, dass der Tory-Abgeordnete Andrew Bridgen glaubt, er habe nach dem Brexit ein Anrecht auf einen irischen Pass. Diese Arroganz ist nicht nur im Londoner Unterhaus, sondern auch in der Bevölkerung nach wie vor zu finden. Zwar sind die Schilder „Zutritt für Hunde und Iren verboten“ inzwischen verschwunden, aber irische Auswanderer erfahren in England nach wie vor Rassismus.

Oder könnte der jüngste Brexit-Gesetzentwurf wieder nur britisches Säbelrasseln sein, um Konzessionen bei den Verhandlungen um einen Handelsvertrag herauszuholen? Das wäre die harmlosere Interpretation. Die andere ist, dass Boris Johnson die Hardliner in seiner Partei, die eine Grenze in der Irischen See vehement ablehnen, beruhigen und die EU zwingen will, die Verhandlungen abzubrechen, um den ersehnten harten Brexit durchzusetzen.

Ein anderer Johnson, der großartige englische Schriftsteller Samuel Johnson, sagte mal, nichts Befremdliches habe lange Bestand. Hoffentlich behält er in Anbetracht der befremdlichen Politik seines Namensvetters recht.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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10 Kommentare

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  • 9G
    93042 (Profil gelöscht)

    Es ist schon interessant, wie die drei Nationen, die uns dankenswerterweise von den Nazi-Arschlöchern befreit haben, sich mittlerweile selbst völlig offen und unverfroren faschistoider Methoden und Parolen befleißigen. Dass das postkommunistische Russland sich schon seit Jahren mit dem Sanktions-Kodex der Stalinzeit über Wasser hält, dürfte 2020 auch noch dem letzten Putin-Polit-Schönredner klar geworden sein. Die USA und ihr Ariophiler Präsident brechen - sorry - analog Hitlers Macht- und Minister-Clique reihenweise Internationale Verträge und mobilisiert den faschistoiden Strassen-Mob. Grossbritannien haben wir so leckere Importschlager wie Combat18 und Blood&Honour zu verdanken. Auch massig Blogeinträge von der Qualität "... we should have nuked you in 1945 ..." lassen nur noch wenig von dem, uns ehemals als britische Toleranz gepriesenem, Demokratieverständnis erkennen. Jetzt riskieren Don Johnson und seine Macht- und Minister-Clique auch noch weltweit ihre Glaubwürdigkeit als Verhandlungspartner. Allen sei der wunderbare Roman "Geschichte machen" des Briten Steven Fry empfohlen. Wir Deutsche haben - auch dank britischer Hilfe - die Faschismus-Lektion (hoffentlich) gelernt. Den Briten scheint sie noch bevor zu stehen. Kann man nur sagen: Good luck and God's blessing.

  • Ein Fall für lawandorder without johnson - chess is a game - people are people

    • @Justin Teim:

      Ich sach's mal so: Let my people go!

    • 9G
      93042 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      People are people so why should it be



      You and I should get along so awfully?



      People are people so why should it be



      You and I should get along so awfully?



      So we're different colors, and we're different breeds



      And different people, have different needs



      It's obvious you hate me, though I've done nothing wrong



      I've never even met you, so what I could I have done?

  • Auch ein lausiger Schachspieler, kann mitunter mit einem ebenso überraschenden wie sinnlosen Zug aus einer aussichtslosen Partie doch noch ein Remis rausholen. Er muss nur ein todernstes Gesicht dabei aufsetzen.

  • "In England fragt man sich: Wozu die ganze Aufregung? Es geht doch bloß um Irland. Die Insel war für England schon lange ein Störfaktor, der am besten zu ignorieren sei. Diese Haltung hat sich durch die gesamte Brexit-Saga gezogen."

    Man könnte ja einfach das fremde, besetzte Land den Eigentümern zurück geben? Problem gelöst.

  • Irland wurde die ganze Zeit ignoriert. Das ist arrogant.

  • Manche Menschen lernen nur auf die harte Tour. Dazu gehören die Britten. Die EU MUSS sofort auf alle Verträge wörtlich bestehen. Keine Kompromisse, die Iren gehören zu uns, GB niemals mehr.

    • @Eimsbüttler:

      Ein Sprachgebrauch der aus dem 3. Reich bekannt ist. Alle Achtung.



      Natürlich brauchen die Briten ein zweites Dünkirchen. Rein ins Meer. Aber sowas von hallo.

      Proklamiere sicherheitshalber Ironie off an dieser Stelle.

  • Hauptsache der gute Boris bleibt gesund nach seiner covit Infektion. Ein bisschen mehr Rücksicht wäre angebracht, immerhin hatte er die Seuche.