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Bonn entdeckt die Bescheidenheit

■ Erhöhung der Abgeordnetendiäten soll verschoben werden. Scharping fordert Sonderabgabe auf Vermögen

Bonn (taz/dpa) – Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zeigen sich in der Krise ungewöhnlich bescheiden: Die für den 1. Juli beschlossene Erhöhung der Diäten von 13.000 auf 18.250 Mark wird voraussichtlich ausgesetzt. Darauf haben sich gestern in Bonn die Fraktionsvorsitzenden von Union, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verständigt. Angesichts der Diskussionen über eine Nullrunde im öffentlichen Dienst dürften die Abgeordnetenbezüge nicht „tabuisiert“ werden, hieß es. Das Gespräch war auf Initiative der Bündnisgrünen zustande gekommen, die bereits einen Gesetzesantrag angekündigt hatten. Der bündnisgrüne Abgeordnete Gerald Häfner nannte die sich abzeichnende Einigung gestern denn auch einen „enormen Erfolg“. Wie die Grünen hatte auch die FDP offen eine Verschiebung der Erhöhung gefordert. Aber auch bei CDU und SPD waren aus Sorge um eine verheerende öffentliche Wirkung Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Diätenanhebung laut geworden.

SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping will mit Hilfe eines „Lastenausgleichs“ Geld aus großen unproduktiven Vermögen für öffentliche Aufgaben heranziehen. Der SPD-Politiker forderte gestern eine einprozentige Sonderabgabe auf große Vermögen. Die Summe der Vermögen beläuft sich seiner Einschätzung nach auf rund 3.500 Milliarden Mark. „Wer sein Geld faulenzen läßt, muß wenigstens bereit sein, ein Prozent zum allgemeinen Fortschritt beizutragen“, sagte Scharping. Der Solidaritätszuschlag solle so schnell wie möglich abgeschafft werden und durch den Lastenausgleich ersetzt werden. Die SPD-Führung hat sich nach Auskunft des Fraktionschefs seinen Vorschlag noch nicht zu eigen gemacht. Hans Monath

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