■ Bonn apart: Bundes-Kabinettstückchen
Frau Merkel, die ihr Geld als Umweltministerin verdient, diese Frau Merkel hat in dieser Woche einen schönen Satz gesagt, was, nebenbei bemerkt, nur recht und billig ist bei dem Gehalt und den Rentenansprüchen erst.
Apropos die Renten, lassen wir Frau Merkel noch einen Moment beiseite. Zur Altersversorgung hat der Norbert Blüm mal einen schönen Satz gesagt: „Die Renten sind sicher.“
Das war ein Satz im Irgendwo zwischen Traum, Wahn und Wunschdenken. Kunst also, und da es dabei auch um verklärte, sinnstiftende, menschenverbindende Sehnsucht geht und der Nobbi Blüm im Schatten der Dampfwalze Kohl immer mehr das Aussehen eines rostigen Wasserkessels angenommen hat, man denke an die rötliche Gesichtsfärbung, den korpulenten Körper und den Henkel zum Vorführen, handelt es sich fast schon um Kult. Warum der Spruch eines Wasserkessels etwas mit Kult zu tun haben soll? Denken wir nur an den aalglatten, pfeiferauchenden Zukunftsminister Rüttgers, der wohl noch nie einen schönen Satz gesagt hat. Alles ist relativ.
Frau Nolte jedenfalls, nee, das ist ja die Jugendministerin, die das Familienministerium gleich mitleitet, und vor der wir, wenn sie neben dem Kohl steht, immer denken, wer ist denn das brave Kind, das da einen Tag mit dem Kanzler in einem Preisausschreiben gewonnen hat... Apropos Preisausschreiben. Man sollte mal eines machen mit der Frage, wann der Wirtschaftsminister seit seinem schönen Satz, in Deutschland könne nicht leicht genug gekündigt werden, sich noch mal öffentlich zu Wort gemeldet hat, etwa zu dem Thema Rekordarbeitslosigkeit. Bonusfrage: Wie heißt der Wirtschaftsminister?
Die Umweltministerin also, die Frau Merkel, die nicht mit der Frau Nolte zu verwechseln ist und schon gar nicht mit Edzard Schmidt-Jortzig, die also hat den schönen Satz gesagt – bei der Gelegenheit. Einen wirklich schönen Satz hat der Finanzminister Waigel im Sommer gesagt, mit dem er sich zu seiner Amtsmüdigkeit bekannte: „Ich habe meine Pflicht getan und tue sie, aber dann reicht es auch.“
Der hat uns nicht nur an die Endlichkeit des Seins erinnert, sondern auch an die Endlichkeit von Ministerlaufbahnen und gewissen Kanzlerschaften gar – das war wirklich wunderbar. Dazu paßt jetzt der Satz von Frau Merkel: „Je länger es her ist, desto schöner war's.“ Daran gemessen wird es wohl bald heißen: Das Kabinett Kohl war wirklich das Allerschönste. Markus Franz
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