Boni für Banker: EU-Parlament droht Abzockern
Es wird Zeit, Banker-Boni endlich zu begrenzen, finden die Europaabgeordneten. In der Schweiz stimmt am Sonntag das Volk ab – über deutlich härtere Regeln.
BRÜSSEL taz | Im jahrelangen Streit über überhöhte Boni für Banker ist das Europaparlament zu einem härteren Kurs übergegangen. Wenn die EU-Länder nicht endlich den Weg freimachen, die heute teilweise millionenteuren Belohnungen zu deckeln, werde man die Bremser öffentlich an den Pranger stellen, drohte der Chef der SPD-Gruppe im Europaparlament, Udo Bullmann. „Wir wollen die Hände der Minister sehen“, sagte er.
Das Europaparlament fordert, die umstrittenen Boni auf die Höhe des Grundgehalts zu begrenzen. Die Abgeordneten wollen damit die Konsequenzen aus der Finanz- und Eurokrise ziehen, bei der sich viele Banker durch falsche Anreize zu kurzfristiger Profitmaximierung verführen ließen. Hinter der Forderung stehen nicht nur Sozialdemokraten und Grüne, sondern auch die Konservativen im Europaparlament.
Doch der Ministerrat, die Vertretung der 27 EU-Länder, mauert. Angeführt wird die Blockade von Großbritannien, das Nachteile für die Zocker in Nadelstreifen in der Londoner City fürchtet. Deutschland tritt zwar offiziell für eine Begrenzung der Sonderzahlungen ein, doch im Hintergrund versucht Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den Briten eine Brücke zu bauen. „Da sind viele mit Tarnkappen unterwegs“, kritisiert Bullmann.
Zum Schwur soll es am Mittwoch kommen, wenn sich Parlament und Rat zu einer letzten Verhandlungsrunde in Brüssel treffen. Nach zehnmonatiger Kompromisssuche müsse nun endlich eine Entscheidung fallen, mahnte Bullmann. „Die Geduld des Parlaments ist am Ende.“ Wenn der Rat erneut eine Einigung blockieren sollte, will das Parlament eine gemeinsame Position im Plenum festlegen – und die Blockierer öffentlich anprangern.
Das könnte vor allem für Schäuble peinlich werden, der sich im bundesdeutschen Wahlkampf gern als beherzter Regulierer des Bankensektors präsentiert. Das werde man ihm aber nicht durchgehen lassen, so Bullmann. Schäuble habe versucht, die Boni-Regeln „so zu gestalten, dass es der Deutschen Bank nicht wehtut“. Zudem habe er bisher nichts getan, um „den größten Blockierer – das Vereinigte Königreich – in dieser Frage zu isolieren“.
Allerdings geht das EU-Parlament selbst nur mit halber Kraft gegen die Gehaltsexzesse in den Vorstandsetagen vor. Die Abgeordneten fordern keine absoluten Obergrenzen für die Banker-Bezüge, und sie wollen die Vergütung für die Chefetage auch nicht an den Einkommen einfacher Bankangestellter orientieren. Zudem lassen sie eine Hintertür offen: Wenn zwei Drittel der Eigentümer eines Geldhauses dies genehmigen, soll ein Bonus auf die doppelte Höhe des Grundgehalts steigen dürfen. Damit wäre die Eins-zu-eins-Regel durchbrochen.
Dass es auch anders geht, zeigt die Schweiz. Dort dürfen die Bürger am 3. März in einer Volksabstimmung über das Verbot von Abfindungen entscheiden. Angestoßen wurde das Referendum nicht etwa von Linkspolitikern, sondern von dem Schweizer Unternehmer Thomas Minder. Sein Antrieb: „Es kann nicht sein, dass Manager das Geld der Aktionäre vernichten und dann auch noch einen goldenen Handschlag dafür kassieren.“
Im Herbst steht sogar eine weitere Abstimmung an: Auf Initiative der Jungsozialisten sollen die Schweizer darüber entscheiden, ob Chefgehälter auf das Zwölffache des niedrigsten Lohns in einem Unternehmen beschränkt werden. Gegen diese Initiative, die von einer lebhaften „Abzocker“-Debatte begleitet wird, sind die EU-Pläne harmlos. Doch sollten sich die Schweizer gegen die Gehaltsexzesse entscheiden, dann wird man wohl auch in Brüssel und Berlin umdenken müssen.
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